Vertrag über die Versorgung mit Wasser bedarf der Schriftform


Ein Unternehmen, das Quarzsand und Kiest abbaut, begehrte in dem behandelten Fall im Wege der einstweiligen Anordnung, dass die Wasserversorgung für seine im hessischen Schaafheim gelegene Betriebsstätte durch die gegnerische bayerische Gemeinde aufrechterhalten wird, so das Gericht zum Sachverhalt. Im Dezember 2018 hatte die Gemeinde dem Unternehmen mitgeteilt, dass die Wasserlieferung aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses vom 6. Dezember 2018 zum 31. Dezember 2018 eingestellt werde.


Zur Begründung führte die gegnerische Gemeinde im Wesentlichen aus, dass bereits bei der Beteiligung an der Aufstellung des Teilabschluss-Betriebsplanes für den Quarzsand- und Kiestageabbau vom Gemeinderat beschlossen worden sei, den vorhandenen provisorischen Bauwasseranschluss für die Versorgung des Anwesens des Unternehmens spätestens bis zum 31. Dezember 2018 zu dulden.


„Gemeinde Schaafheim hat keine Erschließungsanlagen“


Dagegen wandte sich das Unternehmen mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Nachbargemeinde Schaafheim in Hessen verfüge im Bereich der Betriebsstätte an der Grenze zum Gebiet der Gemeinde über keine Erschließungsanlagen, insbesondere nicht zum 800 Meter von dem Gewerbegebiet entfernt liegenden Büro an dem Betriebssitz. Deshalb sei die Wasserversorgung durch die bayerische Gemeinde ab 1. Dezember 2011 durch den Anschluss mit einer von dem Unternehmen gebauten Wasserleitung an einen etwa 300 Meter vom Betriebsbüro des Unternehmens gelegenen Wasserübergabeschacht auf dem Gebiet der Gemeinde erfolgt.


Die Gemeinde habe im Vorfeld dieses Anschlusses am 21. November 2011 den Entwurf einer Sondervereinbarung an das Unternehmen und die gegnerische Gemeinde per Mail übersandt, dem die bereits am nächsten Tag per Mail zugestimmt habe. Daraus folge, dass nicht lediglich ein „Bauwasser-Anschluss“ vorliege.


 Antragstellerin: „durch jahrelange Nutzung ausgestalteten Versorgungsvertrag“


Die Gemeinde habe keinen Anspruch auf Einstellung der Wasserversorgung, weil ein Versorger die privatrechtlich ausgestaltete Versorgung nicht beliebig einstellen könne. Es handle sich um verbotene Eigenmacht, denn es sei nicht lediglich ein provisorischer Anschluss. Das ergebe sich bereits aus dem Bescheid über die Kosten für den Grundstücksanschluss vom 13. Februar 2012. Zwischen den Parteien bestehe ein „durch jahrelange Nutzung ausgestalteter Versorgungsvertrag über die Versorgung mit Wasser“. Dieses Vorgehen widerspreche auch der Wasserabgabesatzung (WAS) vom 12. Oktober 2015.

Jedenfalls habe - selbst ohne Vertrag - die Gemeinde die „Realofferte“ auf Bezug von Wasser angenommen. Da Wasser seit 2011 geliefert werde, gehe es auch nicht um das „Ob“ der Wasserlieferung. Die Wasserabgabesatzung gelte nur für Gemeindebürger.


Wasserabgabesatzung gilt nur für das eigene Gemeindegebiet


Die Gemeinde entgegnete im Wesentlichen, nach dem Bebauungsplan der Gemeinde Schaafheim für das Industriegebiet vom Juli 2014 solle u. a. der Wasseranschluss für das Plangebiet über die Gemeinde Schaafheim erfolgen. Ein Vertrag über die Erschließung durch die gegnerische Gemeinde selbst sei nach langwierigen Verhandlungen nicht zustande gekommen.


Ein Anspruch auf Versorgung mit Wasser durch die gegnerische Gemeinde bestehe nicht, weil die Wasserabgabesatzung nur für das eigene Gemeindegebiet gelte und eine Gebietshoheit für das Gebiet der Gemeinde Schaafheim fehle. Eine länderübergreifende Zweckvereinbarung liege ebenfalls nicht vor. Das Grundstück des Unternehmens sei auch nicht über eine gemeindliche Versorgungsleitung mit Wasser erschlossen, vielmehr ende diese am Übergabeschacht auf dem Gebiet der Gemeinde. Die Leitung zum Anwesen der Antragstellerin sei lediglich ein Bauwasseranschluss. Dafür spreche auch, dass der Wasserzähler im Schacht verbaut sei und nicht auf dem Grundstück des Unternehmens.


Kein öffentlich-rechtlicher Vertrag zustande gekommen


Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag sei nicht zustande gekommen. In diesem habe unter anderem die Verringerung der Immissionsbelastung zugunsten der vorhandenen und geplanten Wohnbebauung auf der Gemarkung der Antragsgegnerin geregelt werden sollen, insbesondere die Lenkung der Lkw-Verkehre und die Begrenzung lärmintensiver Arbeitsvorgänge auf bestimmte Zeiträume. Solche Zugeständnisse habe das Unternehmen aber nicht gemacht, obwohl man seitens der Antragsgegnerin im Hinblick auf die „informelle Duldung“ der Wasserleitung darauf gehofft habe. Bereits im März 2017 habe der Gemeinderat beschlossen, dass ohne Zugeständnisse beim Immissionsschutz eine weitere Duldung des Anschlusses abgelehnt werde. Das sei dem Unternehmen mehrfach verdeutlicht worden, auch durch Mails im Januar und Juli 2018, brachte die Gemeinde vor.


Alternative zur Wasserversorgung durch Gemeinde Schaafheim nicht wahrgenommen


Das Gericht hat den Antrag des Unternehmens als unbegründet abgelehnt. Das Unternehmen habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. So habe es die behauptete Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt, indem es seit 2011 nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare getan habe, einen Vertragsabschluss mit der  Gemeinde zu erreichen. Bereits im März 2017 wäre sonach Anlass gewesen, die Rechtslage klären zu lassen.


Das Unternehmen habe auch die in der E-Mail der Gemeinde angesprochenen Möglichkeiten für eine Verlängerung des Wasserbezugs nicht wahrgenommen. Gleiches gelte für die ihr durch die Vorhaben- und Erschließungsplan der Gemeinde Schaafheim eröffnete Alternative zur Wasserversorgung durch diese Gemeinde.


„Antragstellerin spielt auf Zeit“


Dem Gericht drängt sich dem Urteil zufolge der Eindruck auf, dass die Antragstellerin auf Zeit spielt, weil sie wohl weder die Forderungen der Antragsgegnerin an den Immissionsschutz noch die Auflagen zum Immissionsschutz aus dem Durchführungsvertrag erfüllen will noch die Erschließung auch im Hinblick auf das Wasser über die Gemeinde Schaafheim selbst durchführen will, zu der sie nach dem Durchführungsvertrag verpflichtet ist. Die Eilbedürftigkeit durch Nichthandeln herbeizuführen sei rechtsmissbräuchlich, stellt das Gericht fest.


Auch aus der Wasserabgabesatzung der Gemeinde ergebe sich kein Anspruch auf Fortsetzung der Wasserlieferung. Einen Anspruch auf Benutzung der öffentlichen Einrichtungen, hier der Wasserversorgung, haben nach der Gemeindeordnung nur Gemeindebürger bzw. Auswärtige mit Grundbesitz oder Niederlassung im Gemeindegebiet, heißt es in dem Urteil. Die mit Wasser zu versorgende Betriebsstätte des Unternehmens liege aber nicht im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Eine Ausdehnung des Widmungszweckes allgemein auf Anschlusswillige mit Grundstücken außerhalb des Gemeindegebietes sei in der Wasserabgabesatzung nicht enthalten.


Kein „mündlich“ geschlossener öffentlich-rechtlicher Vertrag


Im Übrigen sei das Grundstück der Antragstellerin auch nicht durch die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde im Sinne der WAS erschlossen, weil die Wasserversorgungsanlage nicht bis zur Höhe des Grundstücks des Unternehmens heran reicht, sondern am Übergabeschacht endet.


Eine Sondervereinbarung nach der WAS sei zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht wirksam abgeschlossen worden. Sie bedürfte als öffentlich-rechtlicher Vertrag der Schriftform. Die Annahme des Unternehmens, zum Vertragsschluss reiche die Rücksendung des Entwurfs einer Sondervereinbarung per Mail aus, gehe deshalb ebenso fehl wie die Annahme des Amtsgerichts Aschaffenburg, es liege ein „mündlich“ geschlossener öffentlich rechtlicher Vertrag vor.


Gemeinde muss mit Unternehmen kein Rechtsverhältnis begründen


Auch aus der seit 2011 erfolgten Lieferung von Wasser ergibt sich kein Anspruch auf Weiterbelieferung. Es bestehe eben gerade kein „durch jahrelange Nutzung ausgestalteter Versorgungsvertrag“, wie ihn das Unternehmen nennt, so das Gericht. Vielmehr kaufe das Unternehmen faktisch mit jeder Wasserentnahme Wasser bei der Antragsgegnerin ein. Es handle sich beim Lieferangebot der Antragsgegnerin um eine sogenannte Realofferte, die das Unternehmen jeweils durch den Bezug des Wassers annimmt.


Ein Anspruch auf künftige Weiterlieferung folge daraus aber gerade nicht, weil für die Zukunft keinen Zwang seitens der Gemeinde bestehe, mit dem Unternehmen ein Rechtsverhältnis zu begründen. Die Gemeinde habe diese Leistungen nur im Vorgriff auf den Abschluss einer Sondervereinbarung erbracht. Nachdem diese Vertragsverhandlungen seitens der Antragsgegnerin als gescheitert angesehen werden, liege ein sachlicher Grund für die Einstellung der Lieferung vor, weil die Geschäftsgrundlage weggefallen ist, heißt es in dem Beschluss.


Die sich aus der seit 2011 erfolgten Lieferung ergebenden Sorgfaltspflichten habe die Antragsgegnerin beachtet. Sie habe der Antragstellerin bereit im März 2017 mitgeteilt, dass die Lieferung zum Ende des Jahres 2018 eingestellt werden soll. Damit sei dem Unternehmen genügend Zeit geblieben, entweder sich doch noch um einen Vertrag mit der Antragsgegnerin zu bemühen oder Voraussetzungen für die alternative Versorgung über Schaafheim zu schaffen.