Das schreibt das Bundesumweltministerium (BMU) in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 19/10590). Es gebe bislang weder hinreichend validierte Methoden für ein systematisches Monitoring der verschiedenen Grundwasserorganismen noch ausreichende Kenntnisse der Wirkungen von anthropogenen Einflüssen auf Grundwasserorganismen. Auch seien noch keine Indikatoren, die für die Beurteilung von Maßnahmen und die Operationalisierung erforderlich wären, erstellt worden. Deshalb sei zum Zustand der deutschen Grundwasserökosysteme und deren Entwicklung derzeit keine Aussage möglich.
Das BMU räumt allerdings ein, dass mehrere von Bund und Ländern finanzierte Forschungsprojekte Indikatoren für die Zustandsbewertung von Grundwasserökosystemen untersucht haben. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts GroundCare etwa seien verschiedene Werkzeuge für eine ökologische Überwachung und Bewertung von Grundwasserökosystemen – in Anlehnung an die ökologische Bewertung von Oberflächengewässern – entwickelt worden, die als Empfehlungen in einem Leitfaden zusammengeführt werden sollen. Dieser sei aber noch nicht veröffentlicht. Das Bewertungssystem sei darüber hinaus noch nicht in die Praxisreife überführt und weiter konkretisiert worden.
Artenspektrum im Grundwasser in Deutschland noch nicht erfasst
Generell sei das gesamte Artenspektrum der Grundwasserfauna und der Grundwasserorganismen in Deutschland noch nicht erfasst, teilte das BMU in seiner Antwort weiter mit. Die Lebensgemeinschaften im Grundwasser folgten keinen oberirdischen Gliederungssystemen. Kennzeichnend sei eine geringere Artenvielfalt des Norddeutschen Tieflands gegenüber Mittelgebirgsregionen und Räumen mit geringerer eiszeitlicher Überprägung.
Grundsätzlich sei die Anwesenheit einer vielfältigen Grundwasserfauna ein Zeichen für gute Wasserqualität und ein intaktes Grundwasserökosystem. Untersuchungen der Universität Landau hätten darauf hingewiesen, dass der südliche Oberrheingraben die wohl artenreichsten Grundwasserfauna-Gemeinschaften Mitteleuropas beherbergt. 250 heimische Arten seien bekannt. Weltweit würden 50.000 bis 100.000 Arten in Höhlen und im Grundwasser vermutet.
Mikroorganismen als Indikator für Grundwasserverunreinigungen
Das BMU betont, dass Mikroorganismen seit langer Zeit als Indikator für Grundwasserverunreinigungen dienen. So reagieren die bakteriellen Gemeinschaften durch eine veränderte Biodiversität sehr sensitiv auf Einflüsse zum Beispiel aus der landwirtschaftlichen Nutzung. Allgemeine Maßnahmen gegen Stoffeinträge, wie sie im Wasserhaushaltsgesetz und in der Grundwasserverordnung verankert sind, dienten somit auch dem Schutz der Biodiversität im Grundwasser.
Das Ministerium weist darauf hin, dass seit November 2018 ein Leitfaden der europäischen Arzneimittelagentur zur regulatorischen Bewertung der Auswirkungen von Tierarzneimitteln im Grundwasser in Kraft ist. Seitdem werde für Organismen aus Oberflächengewässern und der modellierten Konzentration im Grundwasser das Risiko für das Grundwasserökosystem bewertet. Um der Besonderheit der Grundwasserökosysteme gerecht zu werden, werde dabei ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor verwendet. Des Weiteren werde das Risiko für den Menschen abgeschätzt.
Wie empfindlich Grundwasserorganismen auf toxische Schadstoffe reagieren, sei dagegen bisher kaum untersucht, heißt es in der Antwort des BMU weiter. Zu den Auswirkungen von (Tier-)Arzneimitteln im Grundwasser auf die aquatische Biodiversität im Einzelnen lägen der Bundesregierung keine Informationen vor.
Grundwasserökosysteme reagieren empfindlich auf Wärme
Zum Thema Wärme als Stressor schreibt das BMU, dass Grundwasserökosysteme und Grundwasserarten empfindlich auf Erwärmung reagieren. Für die thermische Grundwassernutzung gebe es jedoch bislang keine konkreten gesetzlichen Vorgaben, z. B. in Form von Schwellenwerten. In einem derzeit laufenden Forschungsprojekt des Umweltbundesamtes werde in Anlehnung an das Konzept der Geringfügigkeitsschwellenwerte für Grundwasser untersucht, ob ein Maßstab definiert werden kann, bis zu welchen Temperaturveränderungen und bis zu welchen räumlichen Ausmaßen temperaturbedingte Änderungen des Grundwassers als geringfügig einzustufen sind. Solange darüber keine hinreichende Klarheit besteht, sei eine normative Festlegung nicht sinnvoll.
Ob und wie der Schutz der Grundwasserökologie verbessert werden kann, wird im Wesentlichen davon abhängen, ob und gegebenenfalls welche messbaren und belastbaren, vollzugsfähigen Bewertungskriterien dafür erarbeitet werden können, resümiert das BMU. Das Ministerium plädiert zudem für Vorgaben auf EU-Ebene, weil es auch grenzüberschreitende Grundwasservorkommen gebe.