UBA: Kunststoff muss aus Abwasser aus Trennkanalisation besser entfernt werden


Das UBA setzt sich nach eigenen Angaben für einen weiteren Ausbau solcher Speicherbecken ein. Zudem empfiehlt das UBA Entwicklung von Monitoringverfahren, um die Kunststoffein­träge über Abwasser-, Misch und Einleitungen von Abwasser aus der Trennkanalisation verlässlich modellieren zu können.


Mischwasserüberläufe sind nach Einschätzung des UBA im Hinblick auf Kunststoffe durchaus problematisch, da ungereinigte Abwässer bei starken Niederschlägen direkt in die Gewässer, wenn die Aufnahmekapazität von Kanalsystem und Kläranlagen nicht ausreicht. Auch die Einleitung von Niederschlagswasser aus der Trennkanalisation ist nicht unbedenklich, da kritische Stoffe, u. a. Reifenabrieb, nur sehr unzu­reichend entfernt würden. Mit voranschreitendem Klimawandel sei davon auszugehen, dass Starkregenereignisse und damit auch das Überlaufen von Mischwasser weiter zunehmen.


Behandlung in Kläranlagen funktioniert effektiv


Dagegen deuten erste eigene Untersuchungen des Umweltbundesamtes auf Kläranlagen den Angaben zufolge auf Gehalte deutlich unter ein Prozent Kunststoffe bezo­gen auf die Feststoffe im Ablauf hin. Diese Befunde würden grundsätzlich durch andere Untersuchungen bestätigt. Die Behandlung in den Kläranlagen funkti­oniere also effektiv, die Einträge von Kunststoff in die Umwelt sind im Vergleich zu anderen Quellen eher gering – behandelte Abwässer sollten also zunächst hinsichtlich weitergehender Maßnahmen nachrangig betrachtet werden.


Untersuchungskonzepte sind zu entwickeln


Um einzelne Kläranlagen untersuchen und verglei­chen zu können, müssten Untersuchungskonzepte, insbesondere hinsichtlich einer repräsentativen Probenahme, entwickelt werden, heißt es in dem Papier. Nur so könnten zuverlässige darüber Aussagen getroffen werden, welche Mengen Kunststoffe über die einzelnen Eintragspfade in die Umwelt gelangen, was wiederum die Basis für Minderungsmaßnahmen sei.


Darüber hinaus erfolgten bereits Forschungsarbeiten, die sich mit dem Verbleib von Kunststoffen in der Kläranlage und auch bei Mischwasserüberläufen befassen und darüber, wie sich diese Forschungsergebnisse in Recht und Praxis umsetzen lassen. Das UBA hat dazu nach eigenen Angaben Forschungsvorhaben vergeben, beteilige sich aber auch selber aktiv an mehreren Forschungspro­jekten innerhalb des BMBF-Forschungsschwer­punktes „Plastik in der Umwelt“, darunter die Vorhaben RUSEKU, ENSURE und SUBμTRACK.


Eintragsweg kommunales Abwasser


Als Eintragswege von Kunststoffen in das kommunale Abwasser identifiziert das UBA Abwasser aus dem häuslichen oder gewerblichen Bereich, etwa über Hygieneprodukte, Mikroplastik aus Wasch- und Reini­gungsmitteln und der Abrasion von Abwasserrohren, sowie Abflüsse von befestigten Flächen und Gebäuden, z.B. über Reifenabrieb, Verwitterung von Oberflächen und Kunstrasenflächen. Aus den kommunalen Abwassersystemen könnten Kunststoffe über den Ablauf der Kläranlage, Mischwasserabschläge, die Niederschlagswassereinleitungen sowie über den Klärschlamm in die Umwelt gelangen.


Dazu heißt es in dem Bericht, dass sich der positive Trend eines Rückgangs des Anteils der Klärschlämme, die als Düngemittel eingesetzt werden, sich durch die 2017 erfolgte Novelle der Klärschlammver­ordnung  fortsetzen werde. Darüber hinaus fordert das UBA aber die Einführung eines gemeinsamen Grenzwer­tes für sämtliche Kunststoffverunreinigun­gen unabhängig von der Teilchengröße und der Kunststoffart durch den Gesetzgeber, um Einträge von Kunststoffen über Klärschlämme und Kompost zu reduzieren. Das UBA betont, dass neben dem Kunststoff aus dem Abwasser über die Kovergärung von Sub­straten im Faulturm, z. B. von Lebensmittelabfällen, auch Kunststoffe anderer Herkunft in den Klärschlamm gelangen könnten.


Grenzwerte in DüV reichen nicht aus


In Artikel 4 Nr. 4 der Düngemittelverordnung (DüV) sind Grenzwerte für Fremdstoffe für Sekundärrohstoffdün­gemittel festgelegt, die zwischen harten und weichen Kunststoffen unterscheiden und betragen für Partikel (> 2 mm aufgrund der visuellen Erkennbarkeit) in der Summe 0,4 Gewichtsprozent bezogen auf die Tro­ckenmasse für harte Kunststoffe sowie 0,1 Prozent für weiche Kunststoffe. Diese rechtlichen Vorgaben zur Begrenzung der Kunststoffeinträge in den Boden reichen aus Sicht des UBA nicht aus. Im aktuellen Entwurf zur Änderung der Düngemittelverordnung würden aber bereits Aspekte der aktuellen Kunststoffdiskussion aufgegriffen.


Ausmaß der Kunststoffbelastung der Binnengewässer unklar


Beim Vorkommen von Kunststoffen in Binnengewässern gibt es dem UBA zufolge neben ästhetischen Problemen auch ökotoxikologische Risiken. Wie groß das Problem der Kunststoffbelastung der Binnengewässer ist, sei aber zurzeit unklar. wissen wir zurzeit nicht. So hätten einerseits Fachleute bislang nur wenige Wasserkörper gründlich auf Kunststoffe untersucht, und die die bis­lang erhobenen Daten seien häufig nicht vergleichbar. Zum anderen fehle es an aussagekräftigen Studien, die die Wirkung der Kunststoffe untersuchen. Insofern ist es dem UBA zufolge notwendig, standardisierte Überwachungsmethoden und wirkungsbezogenen Bewertungsgrundlagen für Kunststoffe in Binnengewässern zu erarbeiten – eine Empfehlung, auch bereits die die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) formuliert hat. Für die Bilanzierung großen Fließgewässer – etwa für den Rhein und  die Donau – sollten Monitorigverfahren erarbeitet werden, und die Datenlage sei durch gemeinsame Aktivitäten der Bund-Länderarbeitsgemeinschaften Wasser (LAWA), Bodenschutz (LABO) und Abfall (LAGA),  des Bund-Länder-Arbeitskreises Abwasser sowie dem Länderausschuss Immissionsschutz (LAI) zu verbessern.


Identifikation von Indikatoren als aktuelle Forschungsaufgabe


Eine aktuelle Aufgabe der Forschung sieht das UBA darin, solche Kunststoffpartikel und Organismen zu identi­fizieren, die als Indikatoren für die vielfältige Kunst­stoffbelastung und ihre Wirkung geeignet sind – eine große Herausforderung. Erst wenn diese Frage gelöst ist, kann eine strukturierte Bewertung der Belastung erfolgen und anhand von adäquaten Toxizitätstests eine ökotoxikologische Bewertung von Kunststoffpar­tikeln in Binnengewässern erfolgen.


In die Binnengewässer gelangen Kunststoffe – anders als in die Meere – in erster Linie mit dem Nieder­schlagsablauf aus Quellen, die mit der Verwendung oder nicht ordnungsgemäßen Entsorgung der Kunststoffe zusammenhängen, führt das UBA aus. Maßnahmen zur Minderung müssten deshalb vor allem beim Abfall­management und beim Abwas­sermanagement ansetzen. Die Bund-Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) sollte daher gemeinsam mit anderen Bund-Länderar­beitsgemeinschaften wie LABO (Bodenschutz), LAGA (Abfall), dem Bund-Länder-Arbeitskreis Abwasser sowie dem Länderausschuss Immissionsschutz (LAI) daran arbeiten, die Datenlage in allen Bereichen zu verbes­sern und auf dieser Grundlage Managementoptionen zusammenzustellen. Auch hier sollte das Vorsorgeprin­zip gelten und zum nachhaltigen Schutz der natürlichen Wasserressourcen jeder Eintrag von Kunststoffen in die Oberflächengewässer vermieden werden. Im Hinblick auf seine eigenen Aktivitäten zu den Plastikströmen in Binnengewässern weist das UBA darauf hin, dass es sich u. a. an dem 4. Donaumessprogramm 2019 beteiligt.


Im Trinkwasser Mikroplastik nicht nachgewiesen


Zum Vorkommen von Mikroplastik im Trinkwasser gibt es dem UBA zufolge bislang kaum mit belastbaren Methoden durchgeführte Untersuchungen. Bisher sei davon auszugehen, dass eine Exposition des Menschen mit im Wasser gelösten Additiven und Schadstoffen sowie durch Mikroplastik eher gering ist. Mikroplastik sei bislang noch nicht im Trinkwasser nachgewiesen worden. Dies ist auch wenig wahrscheinlich, da in Deutschland die allermeisten als Rohwasser verwendeten Wasser-Ressourcen sehr gut vor Ein­trägen geschützt sind, die Mikroplastik enthalten könnten  und da man die hohe Wirksamkeit der in der Trinkwasserauf­bereitung eingesetzten Filtrationsprozesse sehr gut kennt. Allerdings sollte diese theoretische Ableitung durch Untersuchungen überprüft werden, empfiehlt die Behörde in dem Papier.


Harmonisierung bei Materialien im Trinkwasser-Kontakt angestrebt


Das Umweltbundesamt treibt nach eigenen Angaben die EU-weite Harmonisierung der Bewertung von Materialien im Kontakt mit Trinkwasser voran. Nur so könne der deutsche Markt für Armatu­ren, Rohrleitungen und andere Bauteile von Trink­wasserinstallationen wirksam vor Billigimporten geschützt werden, aus deren Kunststoffbestandteilen Schad­stoffe ins Trinkwasser gelangen können.


Im Hinblick auf Einträge von primärem Mikroplastik über Kosmetika sowie Wasch- und Reinigungsmittel spricht sich das UBA für ein generelles Verbot von Mikroplastik bei diesen Produktgruppen durch EU-weit harmonisierte gesetzliche Regelungen aus.