Weltweit und auch in Deutschland weitere Maßnahmen zum Wasserschutz geboten


Nicht nur global, sondern auch in Deutschland sind weitere Maßnahmen zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser geboten – nicht zuletzt, weil deren aktuelle Belastungen sich spätestens mittelfristig auch auf die Qualität von Trinkwasser auswirken. Diese Aussage trifft das Umweltbundesamt (UBA) in dem aktuell veröffentlichten Abschlussbericht zum „6. Globalen Umweltbericht (GEO-6) 2019: Analyse der Implikationen für Deutschland“, mit dem der Behörde zufolge zufolge eine Brücke zwischen der Veröffentlichung GEO-6 auf UN-Ebene und der nationalen Debatte geschlagen werden soll. Das in Flüssen, Seen und Feuchtgebieten unmittelbar verfügbare Süßwasser nimmt weltweit dramatisch ab, heißt es in dem Bericht.

Für Deutschland stelle sich die Situation in Bezug auf Süßwasser teilweise anders dar als in anderen Teilen der Welt, aber ebenfalls wenig positiv. So ist die mengenmäßige Verfügbarkeit von Süßwasser bisher kein generelles, teils aber ein saisonales oder regionales, Problem in Deutschland. Während die Qualität von Trink- und Badewasser in Deutschland im Wesentlichen gut ist, sind knapp 35 Prozent aller Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand, heißt es in dem Bericht. Hauptursache für den Zustand des Grundwassers seien diffuse Belastungen aus der Landwirtschaft durch Nitrat, resümiert das UBA mit Bezug auf frühere Untersuchungen. Bei Nitrat überschritten 27,1 Prozent der 1200 Grundwasserkörper die Qualitätsnorm und bei den Pflanzenschutzmitteln überschritten 2,8 Prozent der Grundwasserkörper die Qualitätsnorm.  Zudem sei im Zuge des Klimawandels in größeren Regionen, insbesondere in niederen Lagen, mit einer geringeren Grundwasserneubildung und einem Absinken des Grundwasserspiegels zu rechnen.


„Auch um Oberflächengewässer nicht gut bestellt“


Auch um die Oberflächengewässer ist es in Deutschland dem Bericht zufolge nicht gut bestellt:  So erreichten nur 26 Prozent von insgesamt 732 Seewasserkörpern und kein Wasserkörper von Übergangsund Küstengewässern den in der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) festgeschriebenen guten oder sehr guten ökologischen Zustand. Bei natürlichen Flüssen und Bächen sind sogar nur 9 Prozent ihrer Fließstrecke in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand, und bei erheblich veränderten Gewässern wie etwa Talsperren und künstlichen Gewässern weisen nur 2,2 bzw. 5 Prozent ein gutes ökologisches Potenzial auf, heißt es in dem Bericht. Hauptverantwortlich für den kritischen ökologischen Zustand der Oberflächengewässer sind morphologische Veränderungen und Einträge von Phosphor und Stickstoff aus der Landwirtschaft.


Handlungsbedarf auch mit Blick auf biologische Vielfalt


Die als besonders besorgniserregend eingestuften stofflichen Belastungen umfassen den Angaben zufolge UBA Quecksilber, schwer abbaubare Chemikalien und Pestizide und Arzneimittel. Es sei absehbar, dass nicht alle Gewässer bis 2027 in dem von der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bzw. bis 2020 von der Meeresstrategierahmenrichtlinie geforderten guten Zustand sein werden.


Auch unter dem Blickwinkel der biologischen Vielfalt der Süßwasserökosysteme sieht die Behörde Handlungsbedarf: In Deutschland seien 78 Prozent der Auen- und Gewässerbiotoptypen gefährdet, 20 Prozent davon,  darunter  extensiv genutzte waldfreie Niedermoore, sogar von einer vollständigen Vernichtung bedroht.


Deutsche Umwelttechnikexporte als positiver Aspekt


Auf der positiven Seite steht für das Umweltbundesamt, dass Unternehmen in Deutschland eine Reihe von Umwelttechnologien, darunter für die Abwasserwirtschaft, entwickeln und produzieren. Die Umweltschutzwirtschaft trage rund 6 Prozent zur Wertschöpfung der gesamten Industrieproduktion Deutschlands bei und 4,7 Prozent zu den Exporten. Allerdings trägt die deutsche Volkswirtschaft durch den Import von wasserintensiven Gütern zum Wasserverbrauch in anderen Ländern bei, was zumindest dann problematisch ist, wenn dies vor Ort zu Wasserknappheit und Nutzungskonkurrenzen führt.


Wasser, das in Produkte fließt, stammt zur Hälfte aus dem Ausland


Grundsätzlich müsse sich Deutschland seiner globalen Mitverantwortung stellen, fordert das UBA. Die Einbindung in den Welthandel trage dazu bei, dass hiesige Umweltverbräuche in den globalen Süden exportiert, aber teils auch Verschmutzung hierher importiert wird: Zwar führt die deutsche Wirtschaft Umweltschutztechnologien in die Welt aus, die dort Verschmutzung und Verbräuche mindern. Sie exportiert aber auch eine Vielzahl von Gütern, die Umweltrisiken und -verbräuche im Ausland erhöhen. Zudem beansprucht der hiesige Konsum in hohem Maße Ressourcen aus dem Ausland: Über die Hälfte des Wassers, das direkt oder indirekt in Produkte fließt, die zu uns importiert werden, stamme aus dem Ausland und könne dort zu Wasserknappheit und Nutzungskonflikten führen, heißt es in dem Bericht.     


Süßwasser nimmt global drastisch ab


Zur globalen Situation des Süßwassers heißt es in dem Bericht, dass das in Flüssen, Seen und Feuchtgebieten unmittelbar verfügbare Süßwasser weltweit dramatisch abnimmt. Auch die Qualität von Süßwasser nehme wegen der Verschmutzung mit Plastik, Antibiotika, Pestiziden, Schwermetallen und Chemikalien ab. Circa 1,4 Mio. Menschen sterben jährlich an verschmutztem Trinkwasser und unzureichender sanitärer Versorgung. Krankheiten und Todesfälle aufgrund von Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen nehmen stark zu und werden bis 2050 Haupttodesursache weltweit sein. Wasserknappheit, Trockenheit und Hunger trägt maßgeblich zu Migration bei.


Weltweit verschwinden Süßwasser-Ökosysteme in rascher Folge, heißt es. So seien zwischen 1996 und 2011 rund 40  aller Feuchtgebiete verloren gegangen. Die Landwirtschaft ist im Schnitt für rund 70 Prozent der Wasserentnahmen verantwortlich, wobei die Konkurrenz durch andere Nutzungen – Abfalllagerung bzw. -entsorgung, Bau, Bergbau, Geothermie, Fracking - steige. Der Verlust von Gletschern und die Austrocknung von Grundwasservorkommen aufgrund nicht nachhaltiger Bewässerung für die landwirtschaftliche Produktion wird diese Situation weiter verschärfen. Als Beispiel wird die Austrocknung des Aralsees – durch vom Menschen verursachte Umweltkatastrophen – genannt, die als eine der dramatischsten wasserbezogenen Umweltkatastrophen des 20. Jahrhunderts gewertet werde. 


Ärmere Menschen stärker von Wasserverschmutzung betroffen


Der Bericht zeigt darüber hinaus, dass Gesundheitsrisiken durch Umweltbelastungen in hohem Maße ungleich verteilt sind. Ärmere Menschen seien in stärkerem Maße von Klimawandel, Luft- und Wasserverschmutzung betroffen als reichere Menschen. Gesundheitswirkungen und Einkommenswirkungen sind auch miteinander verbunden: In vielen Gesellschaften seien - u. a. verschmutzungsbedingte - Krankheiten nach wie vor das dominierende Risiko für extreme Armut.


Die Bedeutung sozialer Aspekte für Umweltpolitik wird dem UBA zufolge auch in Deutschland deutlich. So ist die Wohnlage finanziell schlechter gestellter Gruppen tendenziell stärker von Lärm-, Luft-, Wasser- und Bodenbelastungen betroffen.


Umweltpolitik und Armutsbekämpfung


Umweltpolitik werde vor dem Hintergrund zunehmend und gerade in ärmeren Ländern mit sozialen Anliegen der Armutsbekämpfung verknüpft. So gebe es Südafrika ein Beschäftigungsprogramm, in dessen Rahmen gering qualifizierte Personen invasive Pflanzen beseitigen, die sonst übermäßig Wasser in Anspruch nehmen. Südafrika habe außerdem einen progressiven Wassertarif eingeführt, bei dem der Grundbedarf kostenlos ist und für den darüber hinausgehenden Verbrauch steigende Preise fällig werden.


Management von Wasserknappheit als Hauptfeld der Transformation


Grundsätzlich zählt der Bericht das Management von Wasserknappheit – neben der Dekarbonisierung des Energiesystems und der Stabilisierung oder Reduktion von Landnutzung – zu den Hauptfeldern der notwendigen Transformation, in denen wirksame Veränderungen stattfinden müssten. Transformationen zu Nachhaltigkeit in diesen Feldern erforderten sowohl soziale als auch technische Innovationen und Rahmenbedingungen zu deren Etablierung, stellt das UBA fest. Die Qualität und Verfügbarkeit von Wasser hänge konkret davon ab, dass Wasser in der Größenordnung von 20 bis 50 Prozent effizienter genutzt wird und Infrastrukturen zur Entsalzung und Speicherung aufgebaut werden.


Technologische Verbesserungen und effektive politische Maßnahmen müssten zu einer ökonomischen Transformation und einem soziokulturellen Wandel führen. Aus Produktionssicht beinhaltet dies sauberere Produktionsprozesse, Ressourceneffizienz und Entkopplung sowie Unternehmensverantwortung; aus Konsumsicht ein Wandel in Lebensstilen, Kaufpräferenzen und Konsumentenverhalten.