Konkret rät die KLU, den Einsatz von Mineraldünger deutlich zu verringern und Wirtschaftsdünger wie Gülle besser zu verwerten. Entscheidend seien dafür zunächst die Anpassung des geltenden Düngerechts und ein Ausbau der landwirtschaftlichen Beratung in Hinblick auf umweltgerechtere Düngung und Nährstoffeffizienz. Denn die derzeitigen Anstrengungen der Politik würden nicht ausreichen, um die Einhaltung der europäischen Richtlinien zum Schutz der Umwelt zu gewährleisten und die Ziele der deutschen Strategien für Biodiversität und Nachhaltigkeit zu erreichen.
Standortbedingungen in die Gesetzgebung mit einzubeziehen
Die Düngeverordnung sei konsequent umzusetzen und das Düngerecht nachzubessern. Zudem hält es die KLU für wichtig, Standortbedingungen und lokale Sensibilitäten der Ökosysteme in die Gesetzgebung mit einzubeziehen.
Die deutsche Landwirtschaft kann und muss nach Auffassung der KLU ihre Nährstoffkreisläufe optimieren, wobei es im Wesentlichen um ein optimiertes Input-Output-Verhältnis zwischen Nährstoffzufuhr und Nährstoffabfuhr mit den landwirtschaftlichen Produkten auf betrieblicher, regionaler, nationaler und internationaler Ebene gehe. Das könne nur im Zusammenwirken aller Beteiligten gelingen.
Die Politik sei gehalten, konsistente Rahmenbedingungen in der Förder- und Ordnungs- beziehungsweise der Agrar- und Umweltpolitik zu schaffen und eindeutige, mittel- und langfristig verbindliche Ziele und Rahmenbedingungen für die landwirtschaftlichen Betriebe zu setzen. Die Politik und die Öffentlichkeit benötigten eine umfassende, faktenbasierte Information zu den Ursachen der Nährstoffüberschüsse und den Lösungsansätzen, damit die Dringlichkeit des Problems erkannt und die notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden könnten.
Nachhaltigkeitsstrategie erfordert erhebliche Anstrengungen
Das Ziel der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, bis 2030 den mittleren Überschuss in der Gesamtbilanz auf 70 kg Stickstoff pro Hektar zu reduzieren, wird nach Einschätzung des KLU erhebliche Anstrengungen erfordern. Die Ursachen dieser Probleme liegen auf verschiedenen räumlichen Ebenen – betrieblich, regional, national und international. So seien der genaue Düngebedarf der Pflanzen, der Nährstoffgehalt und die Nährstoffwirkung der organischen Dünger oftmals unbekannt oder nur näherungsweise und unsicher zu ermitteln. Gründe seien die hohe Variabilität der Nährstoffgehalte in den Wirtschaftsdüngern, zum Teil unzureichende Messtechnik sowie nicht optimale Ausbringungstechnik. Als Folge kommt es zu Sicherheitszuschlägen bei der Düngung. Gülle und Gärreste seien in Regionen mit hohem Tierbesatz und/oder Biogasanlagen im Übermaß vorhanden. Überbetriebliche Güllekooperationen und überregionale Gülletransporte könnten den Nährstoffanfall nicht ausreichend reduzieren.
Zu wenige Kontrollen
Als weiters Problem führt die Studie an, dass die Einhaltung gesetzlicher Regelungen nur bei einem Prozent der Betriebe kontrolliert werde. Für das Nichteinhalten der Mindestanforderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik seien fast ausschließlich Sanktionen zwischen einem und fünf Prozent der Fördersumme verhängt worden. Zudem kritisiert die Kommission, dass die Regelungen des Düngerechts Ausnahmen enthalten und sind nicht effektiv und differenziert genug seien, um das Entstehen von Überschüssen zu verhindern.
Möglichkeiten einer weiteren Emissionsminderung sieht die KLU durchaus: So seien 2016 auf Ackerland nur 56 Prozent der flüssigen Wirtschaftsdünger emissionsarm – etwa durch Schlitz- oder Schleppschuhverfahren – ausgebracht worden, und auf Möglichkeiten einer weiteren Emissionsminderung Grünlande seien es sogar nur 14 Prozent gewesen.
Nährstoffüberschüsse gelangen in die Umwelt
Wie die KLU ausführt, werde nur die Hälfte des gesamten zugeführten Stickstoffs den pflanzlichen und tierischen Marktprodukten zugeführt - der Rest gelange in Form von reaktiven Stickstoffverbindungen wie Nitrat, Ammoniak, Stickoxide, und Lachgas oder als molekularer Stickstoff in die Umwelt.
In Deutschland könnte nach Berechnungen des Wissenschaftlichen Beirats für Düngungsfragen beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit den anfallenden organischen Düngern und Reststoffen theoretisch 91 Prozent des derzeitigen Stickstoffbedarfs der Pflanzenproduktion von 2,8 Millionen Tonnen gedeckt werden, heißt es in der KLU-Veröffentlichung. In der landwirtschaftlichen Praxis wäre eine Bedarfsdeckung an Stickstoff durch organische Dünger und Reststoffe von circa 70 Prozent erreichbar. Vorausgesetzt werde bei dieser Berechnung eine realistische Stickstoffeffizienz von 75 Prozent. Auf der anderen Seite seien in Deutschland 2016 insgesamt rund drei Millionen Tonnen Stickstoff mit Düngemitteln aller Art in der Landwirtschaft eingesetzt worden, davon allein 1,7 Millionen Tonnen Mineraldünger.
Es gibt auch Low-Input-Systeme
Eine wesentliche Ursache für den hohen Einsatz an Mineraldüngern sei die räumliche Ungleichverteilung zwischen Nährstoffanfall und Nährstoffbedarf, stellt die Kommission fest. Gründe dafür seien Unterschiede in den Standortbedingungen, der Betriebsstruktur der Düngungsintensität und der Verfahrensgestaltung. Neben High-Input-Systemen wie etwa Veredlungsbetriebe mit hohem Tierbesatz oder spezialisierte Gemüsebetriebe mit hohen Stickstoff- und Phosphorüberschüssen existieren in Deutschland aber auch Low-Input-Systeme, wie etwa im ökologischen Landbau, zum Teil auch im konventionellen Marktfruchtbau oder extensiven Grünland, mit geringen und sogar negativen Nährstoffsalden. So hätten, obwohl in niedersächsischen „Überschuss“-Landkreisen rund 65.000 Hektar für eine umweltverträgliche Stickstoffdüngung fehlten, 2015 nur 54 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe ihre Flächen mit Gülle, Jauche oder flüssigen Gärresten aus Biogasanlagen gedüngt.
Maria Krautzberger, die Präsidentin des UBA, begrüßte die Vorschläge des KLU. Damit die Landwirtschaft langfristig nachhaltig wird, müsse vieles fundamental neu gedacht werden. „Die KLU zeigt Spannungsfelder auf für die Lösungen gefunden werden müssen, und gibt wichtige Denkanstöße für die Umsetzung der dringend notwendigen Neuausrichtung der Landwirtschaft“, sagte Krautzberger. Außer bei Nährstoffüberschüssen schlägt die Veröffentlichung des KLU eine fundamentale Neuausrichtung der Agrarwirtschaft auch in den Bereichen Ernährungssystem, internationaler Agrarhandel, Entwicklung des ländlichen Raumes und Digitalisierung vor.