Die Situation werde sich mit steigendem Arzneimittelkonsum verschärfen, der mit dem Wirtschaftswachstum, der Überalterung der Bevölkerung, den Fortschritten im Gesundheitswesen sowie der Zunahme der Vieh- und Fischzucht einhergeht, erklärte die OECD und verwies auf ihren Bericht „Pharmaceutical Residues in Freshwater“, der Ende September 2019 erscheint. Letztendlich sei ein Lebenszyklusansatz erforderlich, der einen Policy-Mix aus quellenorientierten, nutzungsorientierten und End-of-Pipe-Maßnahmen kombiniert, um Arzneimittel über ihren gesamten Lebenszyklus effektiv zu überwachen und ihren Eintrag in Gewässer zu reduzieren. Hierbei müssten Regierungen wirtschaftliche und regulatorische Impulse geben.
Die Steigerungsrate bei der Herstellung und Diversifizierung von Arzneimitteln übersteigt die der meisten bislang anerkannten Faktoren des globalen Wandels, wie steigende Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre, Nährstoffbelastung, Zerstörung von Lebensräumen und Verlust der biologischen Vielfalt, betont die OECD. Dies habe zu ihrem weit verbreiteten Vorkommen in der aquatischen Umwelt auf der ganzen Welt geführt. Viele pharmazeutische Wirkstoffe kämen weltweit in Böden, Biota, Sedimenten, Oberflächenwasser, Grundwasser und Trinkwasser vor.
Derzeit gibt es laut Bericht etwa 4.000 Human- und Tierarzneiwirkstoffe. Sehr hohe Konzentrationen hiervor seien in industriellen Abwässern und Einleitgewässern in China, Indien, Israel, Korea und den USA zu finden. In Deutschland werde der Arzneimittelkonsum von 2015 bis 2045 um 43 bis 67 Prozent zunehmen.
Bestimmte Arzneimittel verursachen nachweislich unerwünschte Auswirkungen auf die Ökosysteme und beeinflussen die Sterblichkeit, die Physiologie, das Verhalten und die Fortpflanzung von Lebewesen, heißt es in dem Bericht weiter. Unter den für den Menschen bestimmten Arzneimitteln seien Hormone, Antibiotika, Analgetika, Antidepressiva und Krebsmedikamente von großer Bedeutung. Bei den Tierarzneien seien es Hormone, Antibiotika und Parasiten abtötende Wirkstoffe. So verursachten beispielsweise hormonelle Kontrazeptiva die Feminisierung von Fischen und Amphibien, während Antidepressiva das Verhalten der Fische dahingehend verändern, dass sie weniger risikoavers und somit anfälliger für Raubtiere werden. Die übermäßige Verwendung und Abgabe von Antibiotika in Gewässer verschärfe das Problem multiresistenter Keime.
Mehr zum Thema Spurenstoffe finden Sie im EUWID-Dossier "Spurenstoffe im Wasserkreislauf".