VGH: Anspruch auf Wasserbelieferung besteht nicht für Grundstücke einer Nachbargemeinde


Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Frage, ob die bayerische Gemeinde die Trinkwasserversorgung für die im hessischen Schaafheim gelegene Betriebsstätte der Antragstellerin unterbinden darf, so der VGH zum Sachverhalt. Die Antragestellerin ist ein Unternehmen, das Quarzsand und Kies abbaut. 


Die Gemeinde hatte dem Unternehmen am 10. Dezember 2018 mitgeteilt, dass die seit 2011 erfolgende Lieferung von Trinkwasser zum 31. Dezember 2018 eingestellt werde. Das Verwaltungsgericht Würzburg lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die vor dem VGH ohne Erfolg geblieben ist.


Anordnungsanspruch folgt nicht aus der Wasserabgabesatzung


Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, ergibt sich der geltend gemachte Anordnungsanspruch nicht aus der Satzung für die öffentliche Wasserabgabesatzung (WAS), weil die in der Nachbargemeinde ansässige Antragstellerin nicht als Gemeindeangehörige zur Benutzung der auf das Gemeindegebiet bezogenen öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung berechtigt ist. Ein Anspruch auf Wasserbelieferung im Rahmen der gemeindlichen Daseinsvorsorge bestehe daher nicht.


Zudem sei das Betriebsgrundstück der Antragstellerin nicht im Sinn der WAS von der gemeindlichen Wasserversorgungseinrichtung erschlossen, weil die Versorgungsleitung nicht unmittelbar an die Grundstücksgrenze heranreicht.


Gemeinde kann besonderes Benutzungsverhältnis begründen


Zwar könne nach der WAS die Gemeinde durch Vereinbarung ein besonderes Benutzungsverhältnis begründen, wenn der Grundstückseigentümer nicht zum Anschluss berechtigt oder verpflichtet ist. Eine Sondervereinbarung, aus der das Unternehmen Ansprüche herleiten könnte, sei zwischen den Beteiligten in dem hier behandelten Fall aber nicht wirksam geschlossen worden. Bei der Sondervereinbarung nach der WAS handle sich - ebenso wie bei einer solchen nach einer Entwässerungssatzung - um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag.


Formerfordernis bezieht sich auf Vertragsangebot und auf Annahme


Die Vereinbarung bedürfe damit der Schriftform, wobei sich das Formerfordernis sowohl auf das Vertragsangebot als auch auf dessen Annahme beziehe. Für das wirksame Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags sei es daher nicht ausreichend, dass die Antragstellerin den vom Antragsgegner übermittelten Entwurf einer Sondervereinbarung per E-Mail vom 21. November 2011 ohne Unterzeichnung zurückgesandt habe, schreibt der VGH. Im Übrigen gehe auch die Antragstellerin selbst davon aus, dass die Beteiligten keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen haben.


Kein Anspruch auf vorläufige Weiterlieferung von Wasser


Schließlich lässt sich der behauptete Anordnungsanspruch dem VGH zufolge auch nicht aus einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten herleiten, über das die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entscheiden habe. Dabei kann dahinstehen, ob ein entsprechender Wasserlieferungsvertrag - wie die Antragstellerin meint - durch die Rücksendung des Entwurfs der Sondervereinbarung formlos per E-Mail geschlossen wurde oder ob die Vereinbarung faktisch - durch die seit 2011 dauerhaft praktizierte tatsächliche Belieferung der Antragstellerin gegen jährliche Abrechnung - zustande gekommen ist.


Jedenfalls hätten die Beteiligten individuell einen privaten Sonderabnahmevertrag geschlossen, auf den weder die Wasserabgabesatzung des Antragsgegners noch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) Anwendung findet, stellt der VGH fest. Diesen Vertrag habe der Antragsgegner jedoch inzwischen wirksam gekündigt, so dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf vorläufige Weiterlieferung von Wasser habe.


Gemeinde hat den Vertrag gekündigt


Die Gemeinde habe mit ihrer schriftlichen Mitteilung vom 10. Dezember 2018 unmissverständlich ihren Willen zum Ausdruck gebracht, die Wasserlieferung zum Jahresende einstellen zu wollen, und damit den Vertrag gekündigt. Auch ließe sich eine wegen zu kurzer Frist unwirksame Kündigung angesichts des eindeutig erklärten Beendigungswillens gemäß § 140 BGB in eine Kündigung mit einer angemessenen Auslauffrist umdeuten. Diese Frist, die der Antragstellerin tatsächlich durch vorübergehende Fortführung der Wasserlieferung eingeräumt worden sei, sei zumindest zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abgelaufen.


Im Übrigen sei die beabsichtigte Einstellung der Wasserversorgung bereits seit dem Gemeinderatsbeschluss vom Frühjahr 2017 im Raum gestanden, so dass sich die Antragstellerin mit einem ausreichenden genügend zeitlichem Vorlauf darauf einrichten und entsprechende Maßnahmen, etwa den Anschluss an das Wasserversorgungsnetz ihrer Sitzgemeinde, auf den Weg bringen konnte, heißt es in dem Beschluss.


Den Streitwert für das Beschwerdeverfahren hat der VGH auf 2.500 Euro festgesetzt.