Bauern legen beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen Düngeverordnung ein


Der Beschwerdeführer Jens Soeken, der einen Grünlandbetrieb mit Biogasanlage und Mutterkuhherde auf der ostfriesischen Geest bewirtschaftet, legt Wert auf die Feststellung, dass seine Verfassungsbeschwerde nicht das berechtigte Ziel des Grundwasserschutzes angreife, sondern die vielen nach seiner Auffassung sinnlosen Bewirtschaftungsauflagen für die weit überwiegende Mehrzahl der bäuerlichen Betriebe, die in natürlichen Kreisläufen arbeite und deshalb gar keinen Schaden am Grundwasser anrichten könne: „Wenn der Staat mir vorschreibt, dass ich meine Pflanzen nicht mehr mit meinem eigenen organischen Dünger bedarfsgerecht ernähren darf, dann ist das ökonomisch und ökologisch falsch und es ist auch rechtlich nicht haltbar.“ Die DüV sei nicht konform mit der Nitratrichtlinie der EU und ermögliche es den Landwirten nicht, ökologisch im Einklang mit der Natur wirtschaften zu können, sagte Soeken.


Anwalt sieht Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verletzt


Rechtsanwalt Dr. Konrad Asemissen von der Potsdamer Kanzlei HSA Rechtsanwälte Henschke & Partner, der Soeken vertritt, sieht für seinen Mandanten den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verletzt, wonach der Gesetzgeber dazu verpflichtet ist, unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln: „Wo keine Nitratbelastungen vorhanden sind, sind die verschärften Anforderungen an die Ausbringung von Düngemitteln nicht erforderlich. Obwohl der Bund die Länder zu einer differenzierten Ausweisung von belasteten Gebieten verpflichtet hat, hält er an der bundesweiten undifferenzierten Geltung der verschärften Anforderungen fest und greift damit ohne sachliche Rechtfertigung in Eigentum und Berufsfreiheit meines Mandanten ein.“


„Politik muss Systemfehler erkennen“


Alfons Josef Wolff, Bundessprecher der Freien Bauern, betonte, dass mit der Klage die Chance auf eine politische Lösung nicht verbaut sei. „Aber die Arroganz der Macht, mit der die Novelle der Düngeverordnung durchgepeitscht wurde, verlangte nach entschiedener Gegenwehr“. Deshalb sei der Schritt der ostfriesischen Mitglieder Jens Soeken, Fokko Schumann und Sara Collmann, die mit ihrer LSV Spenden von über 2.500 Berufskollegen gesammelt und zielgenau eingesetzt hätten, zu begrüßen. Jetzt sei es an der Politik, den Systemfehler zu erkennen und mit dem Berufsstand in einen konstruktiven Dialog zu treten, so Wolff. Ziel sei eine Düngeverordung, „die das Grundwasser schützt und eine Landwirtschaft nach guter fachlicher Praxis nicht behindert.“


Der Bundesrat hatte Ende März nach langer Diskussion der novellierten DüV zugestimmt. Es drohten Strafzahlungen an die EU wegen Nichtumsetzung der Nitratrichtlinie ins deutsche Recht. Die in den besonders belasteten Roten Gebieten jetzt mit der neuen Verordnung verpflichtend vorgegebenen zusätzlichen Maßnahmen beinhalten unter anderem die Absenkung des Düngebedarfs um 20 Prozent im Betriebsdurchschnitt, einen verpflichtenden Zwischenfruchtanbau und die Beschränkung der Herbstdüngung zu Zwischenfrüchten. Die strengeren Regelungen müssen insgesamt zum Jahreswechsel umgesetzt werden.