Hessen: Noch keine Erholung bei Wasserständen zu verzeichnen


Die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) sagte, Hessen verfüge bislang noch über ausreichende Grundwasservorkommen, um die Versorgung der Bevölkerung aus diesen sicherstellen zu können. Damit diese so bleibe, werde das Land einen Wasserwirtschaftlichen Fachplan erstellen, der den Rahmen für eine klimafeste Wasserversorgung setzen werde. Das Land werde die Kommunen dabei unterstützen, Wasser zu sparen und Maßnahmen zum Ersatz von Trinkwasser mit Brauchwasser umzusetzen. Zudem würden Renaturierungen von Flüssen und Bäche gefördert und damit die Gefahr reduziert, dass sie trockenfallen, sagte die Ministerin.


Mehr als 80 Prozent der Abflusspegel
unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss


Von Mai bis Oktober fielen nach Angaben des HLNUG hessenweit insgesamt nur 321 Millimeter Niederschlag, 97 Millimeter weniger als der langjährige Mittelwert des Zeitraums 1981 bis 2010, so die Behörde. Während es im Juni, August und Oktober etwas mehr regnete als im langjährigen Durchschnitt, gab es im Mai, Juli und September nur sehr geringe Niederschlagsmengen. Daher waren die Abflüsse in den Flüssen und Bächen im gesamten hydrologischen Sommerhalbjahr unterdurchschnittlich. Die Trockenheit nahm im Verlauf des Sommers zu, dadurch lagen mehr als 80 Prozent der Abflusspegel unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss.


Manche Fließgewässer fielen den Angaben zufolge trocken, so führte etwa die Weil, ein Zufluss der Lahn, zeitweise zwischen Juli und September kein Wasser. Erst die Niederschläge Ende Oktober ließen die Wasserstände wieder etwas ansteigen, sodass die Wassermengen an mehr als 80 Prozent der Flüsse und Bäche dem langjährigen Mittel entsprachen. Für das Niedrigwasser sind nicht nur die geringen Niederschläge in diesem Sommer verantwortlich, sondern auch die Trockenheit der Vorjahre.


Stellenweise massenhafte Vermehrung von Cyanobakterien


Aufgrund reduzierter Zuflüsse sank der Wasseraustausch in den Stauseen stark, dadurch konnten sich Cyanobakterien stellenweise massenhaft vermehren, heißt es weiter. Die hohen Wassertemperaturen und der daraus resultierende Sauerstoffmangel hatten auch ökologische Folgen: Der Bereich Heegwasser im Lampertheimer Altrhein musste ab Juli belüftet werden, um ein Fischsterben zu verhindern.


Mit der kühleren Witterung und einsetzenden Regenfällen hat sich dem HLNUG zufolge auch in den Seen die Situation verbessert. In sehr ungünstigen Fällen könnte auch im Herbst noch Fischsterben auftreten, wenn die im Sommerhalbjahr produzierte Biomasse abstirbt und unter Sauerstoffverbrauch abgebaut wird. Bis sich die Wasserstände in den Seen normalisiert haben, dauere es aber selbst bei überdurchschnittlichen Regenfällen noch einige Monate.


Grundwasserstände seit Mai kontinuierlich gesunken


Da in den Sommermonaten kaum noch etwas von den Niederschlägen im Grundwasser ankomme, seien die Grundwasserstände an den Messstellen des HLNUG seit Mai kontinuierlich gesunken. Ende Oktober befanden sich den Angaben zufolge 71 Prozent der Messstellen auf einem unterdurchschnittlichen, 21 Prozent auf einem durchschnittlichen und acht Prozent auf einem überdurchschnittlichen Niveau. Erst durch den Regen im Oktober seien die Grundwasserstände zum Monatsende an einem Drittel gewässernaher und flacher Messstellen erstmals wieder leicht angestiegen.


Allerdings könne nur ergiebiger Regen über einen längeren Zeitraum das Defizit aus den zuletzt gehäuft auftretenden Trockenjahren ausgleichen. Da seit 2003 keine ausgeprägten Nassjahre mehr auftraten, gibt es solche Schwankungen, wie sie früher bei den Jahreswerten für das Grundwasser typisch waren, nach Angabe der Behörde nicht mehr. Gegenüber der Referenzperiode von 1971 bis 2000 sei die Grundwasserneubildung in den letzten 17 Jahren in Hessen 26 Prozent niedriger ausgefallen. Das stehe dem projizierten Klimatrend entgegen, der zunehmende Winterniederschläge vorhersagt. Es bleibe abzuwarten, ob sich der seit 2003 beobachtete Trend in Zukunft fortsetze.


„Wasserversorgung geht bereits auf Kosten der Natur“


„Dramatisch“ ist die Situation im Hessischen Ried nach Darstellung des Umweltverbandes BUND. Der stellvertretende Landesgeschäftsführer des BUND, Thomas Norgall, sagte, dort gehe die Trinkwasserversorgung bereits auf Kosten der Natur und muss trotz der verheerenden Folgen auch noch durch Wasserimporte aus Mittelhessen ergänzt werden. Seit rund 50 Jahren kämpfen die Wälder im Ried ums Überleben, weil unter ihnen zu viel Grundwasser als Trinkwasser für das Rhein-Main-Gebiet gefördert wird. Angesichts steigender Sommertrockenheit als Folge des Klimawandels muss das Rhein-Main-Gebiet seine Wasserversorgung neu ordnen. Nötig ist die Erweiterung der Rheinwasseraufbereitung, um so die möglichen Trinkwasservorräte zu erhöhen. Außerdem muss Frankfurt die Grundwasserstände im sterbenden Stadtwald durch die Infiltration von Mainwasser erhöhen.