Bei herkömmlichen Flusskraftwerken wird laut der TUM das Wasser durch ein Maschinenhaus umgeleitet, um die Turbine anzutreiben. Von der Strömung können Fische zum Kraftwerk getrieben und an Turbine und Gittern tödlich verletzt werden, und natürliche Lebensräume, Fischwanderwege sowie Uferlandschaft werden geschädigt.
Der Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TUM hat deshalb einen neuen Kraftwerkstyp entwickelt, für den der Flusslauf nicht umgeleitet werden muss. Stattdessen wird vor einem Wehr ein Schacht ins Flussbett gebaut, in dem Turbine und Generator untergebracht werden. Das Wasser fließt in den Schacht, treibt die Turbine an und wird unter dem Wehr in den Fluss zurückgeleitet. Ein kleinerer Teil fließt über den Schacht und das Wehr hinweg.
Die meisten Fische schwimmen sicher über dem Schacht
Die Ingenieure haben es geschafft, die Strömung so zu steuern, dass das Kraftwerk effizient Strom erzeugt, aber gleichzeitig der Sog in den Schacht gering ist, so die TUm. Zahlreiche Untersuchungen an einem Prototypen hätten gezeigt, dass die meisten Fische deshalb sicher über dem Schacht schwimmen. Zudem könnten sie durch zwei Öffnungen im Wehr gefahrlos flussabwärts wandern. Flussaufwärts gelangten sie über eine übliche Fischtreppe.
Das Schachtkraftwerk habe neben dem Fischschutz einen weiteren Vorteil für die Gewässerökologie. Es ist nach Angaben der TUM auch für Geröll und Treibholz, die der Fluss mit sich führt, durchlässig. Die Bewegung und Ablagerung dieses „Geschiebes“ sei beispielsweise für Laichplätze wichtig. Ein Gitter, der sogenannte Rechen, der auf dem Schacht liegt, hält es von der Turbine ab. Dann wird es von der Anlage regelmäßig flussabwärts geschoben. Dafür wird ein Verschluss im Wehr geöffnet. Auf diese Weise kann auch Hochwasser abgelassen werden.
Das Kraftwerk wurde von der Wasserkraft Großweil GmbH an einer bereits vorhandenen Rampe errichtet, die für Fische bislang nur schwer überwindbar war. Ein neues Wehr musste nicht gebaut werden. Die Anlage erzeugt Strom für rund 800 Haushalte. Sie habe sich bereits seit dem Frühjahr am Netz bewährt, inklusive eines Hochwassers.
Derzeit zwölf Anlagen in der Planung
Das Schachtkraftwerk eignet sich, so die TUM, sowohl für unterschiedlich große Flüsse als auch für unterschiedliche Fallhöhen. Je nach Gewässergröße und Bedarf wird in mehreren Schächten nebeneinander Strom erzeugt, in der Loisach sind es zwei, die Fallhöhe beträgt 2,5 Meter.
Die TUM hält mehrere Patente auf die Erfindung. Eine Ausgründung der TUM, die Hydroshaft GmbH um den Ideengeber des Konzepts Albert Sepp, hat Nutzungsrechte erworben und vergibt wiederum Lizenzen an Kraftwerksbetreiber. In Planung sind derzeit insgesamt zwölf Anlagen in der Iller, der Saalach, der Würm und im Neckar.