In Gemeinden mit größeren produzierenden Unternehmen lasse sich beobachten, dass während des Lockdowns weniger Wasser abgesetzt wurde als vorher. Das liege daran, dass weniger Betriebswasser für die Produktion und auch weniger Trinkwasser für Toilettenspülung, Händewaschen und Reinigung benötigt werde.
Wasserinfrastruktur in Urlaubsorten auf Spitzenverbrauch ausgelegt
Ein Sonderfall des rückläufigen Wasserabsatzes zeige sich für den Tourismus als Wirtschaftszweig, erklärte Rödl & Partner. In Urlaubsorten orientiere sich die Wasserinfrastruktur an der Hochsaison, um die Wasserversorgung von Einwohnern und Touristen zu bewerkstelligen. Aufgrund der Fixkostenremanenz sei der coronabedingte geringere Wasserabsatz hier problematisch. Während die Erlöse aus mengenbezogenen Entgelten der Versorger sänken, blieben die Kosten der Infrastruktur nahezu unverändert, da das gesamte Versorgungssystem auf den Spitzenverbrauch ausgelegt sei.
Rödl & Partner nennt hierfür ein Beispiel: Die Insel Usedom hat nach Angaben des Beratungsunternehmens berichtet, dass rund 20 Prozent der Jahresmenge hauptsächlich während der Sommerferien an Touristen in Hotels und Gaststätten abgegeben wird. Während Usedom im Winter, also außerhalb der Saison, rund 4.000 m³ Wasser pro Tag verbrauche, seien es an Spitzentagen im Sommer bis zu 19.000 m³ pro Tag. Durch den Lockdown lag die Abnahmemenge Ende April um bis zu 40 Prozent unter dem Wert von Mitte März.
Höherer Wasserverbrauch in Wohngemeinden
Die Verschiebung von Anwesenheitszeiten in Dienstleistungs- und Industriebetrieben hin zu Home-Office-Zeiten und auch das Home-Schooling legen nahe, dass im Lockdown in Wohngemeinden tagsüber mehr Wasser verbraucht wird, da hier schlichtweg mehr Zeit verbracht wird, führte Rödl & Partner weiter aus. Statt im Büro und in der Schule verbrauchen Berufspendler und Schüler Wasser daheim. Die Beobachtung von Wasser Tirol in einer Gemeinde mit etwas über 1.400 Einwohnern im Einzugsgebiet einer größeren Stadt mit positivem Einpendler-Saldo habe das bestätigt. Auch Hamburg Wasser habe eine Verlagerung des Wasserverbrauchs weg von zentrumsnahen Versorgungszonen hin zu peripheren Zonen, also klassischen Wohngebieten, festgestellt.
Spätere Tagesspitze
Auch zeitlich seien durch den Lockdown Veränderungen im Wasserverbrauch aufgetreten, erklärte Rödl & Partner. Die Tagesspitze, die üblicherweise an Werktagen vergleichsweise ausgeprägt sei und vom Beginn von Arbeits- und Schultag abhänge, werde durch Home-Office und Home-Schooling flexibler und trete später auf. Das hätten Beobachtungen sowohl in Berlin als auch in Köln gezeigt. Anstatt zwischen 7.30 und 8.30 Uhr werde im Lockdown zwischen 9.30 und 10.30 Uhr am meisten Wasser verbraucht. Die Tagesspitze verschiebe sich somit um rund eineinhalb Stunden, so Rödl & Partner.