„EU-Kommission bekennt sich bislang nicht zur Beibehaltung der Wasserrahmenrichtlinie“


Ein Bekenntnis der EU-Kommission zur Beibehaltung der geltenden Richtlinie fehle, schreibt PAN Germany in seinem Positionspapier „Handlungsempfehlungen von PAN Germany zum EU-Kommissionsbericht zum Fitness-Check des EU-Wasserrechts“.


Wie berichtet, hat die Kommission im Dezember 2019 die Ergebnisse ihres „Fitness Checks" der EU-Wassergesetzgebung veröffentlicht (EUWID 51.2019). Generell hätten die WRRL, die Richtlinie über Umweltqualitätsnormen, die Grundwasserrichtlinie und die Hochwasserrichtlinie zu einem höheren Schutzniveau für Wasserkörper und einem besseren Hochwasserrisikomanagement geführt, stellte die Kommission fest. Dass die Ziele der WRRL noch nicht vollständig erreicht wurden, sei weitgehend auf die unzureichende Finanzierung, die langsame Umsetzung und die unzureichende Einbeziehung der umweltpolitischen Zielsetzungen in die Politikbereiche und nicht auf etwaige Mängel der Rechtsvorschriften zurückzuführen.


PAN Germany teilt die Einschätzung der Kommission, dass es Umsetzungsdefizite und stoffbezogenen Handlungsbedarf gebe und dass umweltökonomische Instrumente besser zu nutzen seien. Obwohl die Kommission die Defizite im Gewässerschutz nicht bei den WRRL-Anforderungen selbst, sondern vor allem in der Umsetzungsphase sehe, lasse sie offen, ob sie die geltende WRRL vollständig beibehalten will, kritisiert die Umweltorganisation. Auch wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Kommission die auf EU-Ebene bestehenden Handlungsspielräume zur Problemlösung der Umsetzungsdefizite einschließlich bei der Integration der Gewässerschutzanforderungen in andere relevante Politikfelder umrissen hätte.


Bedeutung der Detailbewirtschaftungspläne wird nicht thematisiert


Die Bedeutung der Detailbewirtschaftungspläne werde im Bewertungsbericht der Kommission nicht behandelt, wenngleich diese Konzepte einen systematischen Ansatz zur Ermittlung und Behandlung komplexer (Teil-)Probleme wie die Gewässerverunreinigungen durch Biozide oder (Tier-)Arzneimittel bieten könnten, lautet ein weiterer Kritikpunkt von PAN Germany. Überdies sei die Aussage im Bericht, die deutsche Spurenstoffstrategie sei ein Positivbeispiel für die Minimierung von Pestizid-, Biozid- und Tierarzneimitteleinträgen, nicht zutreffend. Die Spurenstoffstrategie sei unverbindlich und enthalte zu den genannten Stoffgruppen keine konkreten Vorhaben, die mit den erforderlichen Arbeiten und Fristen des Flussgebietsmanagements gemäß WRRL abgestimmt sind, stellt der Umweltverband klar.


Der Fitness-Check vernachlässige darüber hinaus eine Bewertung zur Wirksamkeit der WRRL für empfindliche, wasserabhängige Lebensräume, obwohl von ihrem Schutz das Erreichen der WRRL-Ziele und die der Biodiversitätsstrategie wesentlich abhingen. Zwar stelle die Kommission fest, dass nur wenige Fortschritte erzielt wurden, um die spezifischen Belastungen in Schutzgebieten anzugehen. Jedoch ziehe sie aus diesem Befund keine Konsequenzen. Die Defizite beim Schutz von Wasserläufen mit einer Einzugsgebietsgröße von weniger als 10 km², von Stillgewässern mit einer Oberfläche von weniger als 50 Hektar oder von Grundwasserökosystemen würden nicht thematisiert.


Problematik um Biozideinträge bleibt unberücksichtigt


Auch die die Problematik um Biozideinträge in Gewässer bleibe weitgehend unberücksichtigt, bemängelt PAN Germany. Dies sei umso kritischer, weil der Zweck von Bioziden darin bestehe, toxisch gegenüber Lebewesen zu wirken. Außerdem würden sie breit und vielseitig eingesetzt und gelangten während oder nach ihrer Nutzung in die Umwelt und insbesondere in Gewässer. Es bleibe ebenfalls intransparent, welche Biozide im Rahmen der Grundwasserüberwachung und -bewertung berücksichtigt würden. Ähnlich große Lücken weise der Bericht hinsichtlich der Gewässerverunreinigungen durch Tierarzneimittel auf. Das Ausmaß der Pestizidverunreinigung in Gewässern werde besser, aber nicht umfassend dargestellt. Die Europäische Umweltagentur habe in ihrem Gewässerzustandsbericht von 2019 in Frage gestellt, ob das derzeit praktizierte Monitoring die Belastungssituation durch Pestizide angemessen widerspiegelt, ruft PAN Germany in Erinnerung. Auch gebe es viele offene Fragen zur wirksamen Verknüpfung zwischen Stoff- und Wasserrecht.


Alle geltenden Vorgaben der WRRL einschließlich der Fristen sollen bestätigt und das Schutzniveau über die Anpassung der WRRL-Tochterrichtlinien gestärkt werden, fordert PAN Germany in seinem Positionspapier für die Zukunft. Der Fokus müsse auf der besseren Um- und Durchsetzung der WRRL-Vorgaben liegen. Ferner seien die Defizite im Schnittfeld zwischen Wasser- und Stoffrecht zu mindern. Dringender Handlungsbedarf bestehe insbesondere bei der Reduktion diffuser und direkter Einträge von Bioziden, Pestiziden und Tierarzneimitteln, die bisher nicht oder kaum im Wasserrecht geregelt sind. Die WRRL-Tochterrichtlinien sollen entsprechend angepasst werden. Über das Tierarzneimittel- und Biozidrecht sollten effiziente, WRRL-kompatible Aktionspläne zur nachhaltigen Verwendung von Bioziden und Tierarzneimitteln festgelegt und der bestehende Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit konkreten Zielen, Indikatoren und Fristen hinsichtlich des Gewässerschutzes verbessert werden.


Weiterhin fordert der Umweltverband unter anderem, den Schutz von Kleinstgewässern, Schutzgebieten und Grundwasserlebensräumen vor stofflichen Verunreinigungen in den betreffenden WRRL-Tochterrichtlinien näher zu präzisieren. Betreffende Vorgaben sollten auch im Rahmen der Fortschreibung der EU-Biodiversitätsstrategie (Biodiversitätsstrategie 2030) erfolgen.


GAP muss Gewässerschutz angemessen Rechnung tragen


Auch müsse die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dem Gewässerschutz angemessen Rechnung tragen, lautet eine weitere Forderung von PAN Germany. Die Politikintegration müsse in diesem und in weiteren Handlungsfeldern wirksamer garantiert werden. Alle wesentlichen Anforderungen der WRRL müssten als Cross Compliance-Kriterien gelten. Grundsätzlich müsse die GAP in den Fördersäulen so ausgerichtet werden, dass Subventionen nicht mehr mit der Gießkanne, sondern an konkrete Leistungen für den Umwelt und Naturschutz gekoppelt werden und eine angemessene Kompensation für die Landwirte sicherstellt, betont die Umweltorganisation.