Erweiterung von Klage gegen Bescheide um die Kosten für Leitungen zulässig


Das Verwaltungsgericht hatte auf die Anfechtungsklage der klagenden Grundstückseigentümer hin zwei Bescheide des beklagten Wasserversorgers aus dem November 2017 aufgehoben. Mit den Bescheiden hatte der Versorger die Kläger zum Ersatz der Kosten für die Erneuerung des Trinkwasseranschlusses ihres Grundstücks herangezogen.


Die Anfechtungsklage der Kläger gegen eine Verfügung des Versorgers aus dem September 2017, mit der dieser die Erneuerung des Trinkwasseranschlusses des Grundstücks der Kläger und die Art und Weise der Verlegung dieses Anschlusses angeordnet hatte, wies das Verwaltungsgericht dagegen zurück. Und ebenso wies das Verwaltungsgericht die Erweiterung der Klage um den Antrag, den Versorger zu verurteilen, ihnen die Kosten für die von ihnen nach der Erneuerung des Trinkwasseranschlusses vorgenommene Verlegung von Leitungen auf ihrem Grundstück in Höhe von 2.306 Euro zu bezahlen, ab.


Verwaltungsgericht bezeichnet Klageerweiterung als unzulässig              


Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Klageerweiterung sei unzulässig. Denn eine Zulassung der Klageerweiterung würde das Aufrechnungsverbot nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) in unzulässiger Weise umgehen. Die Kläger könnten aber trotzdem in einem noch anhängig zu machenden Zivilprozess ihre Gegenforderung geltend machen.


Auf der anderen Seite seien die Kostenersatzbescheide aus dem November 2017 rechtswidrig. Zwar könne die Kostenerstattungsforderung dem Grunde nach auf eine wirksame Ermächtigungsgrundlage gestützt werden, denn nach dem KAG könnten die Gemeinden durch Satzung bestimmen, dass ihnen die Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen zu ersetzen seien.


Von dieser Ermächtigung habe der Beklagte in der Wasserversorgungssatzung (WVS) auch Gebrauch gemacht, so das Verwaltungsgericht. Danach seien nicht nur Grundstücksanschlüsse, sondern die gesamten Hausanschlüsse ausschließlich von dem Versorger herzustellen oder zu ändern. Der Wasserversorger habe also in einem ersten Schritt die Handlungspflicht für die Herstellung und Änderung der genannten Anschlüsse übernommen. In einem weiteren Schritt habe er in der WVS bestimmt, dass ihm von dem Grundstückseigentümer die Kosten der Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung eines Hausanschlusses zu erstatten seien, führte das Verwaltungsgericht aus.


Die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage dafür, die Eigentümer heranzuziehen, lägen hier vor. Der Wasserversorger habe die Hausanschlussleitung der Kläger erneuert. Zwar werde die Notwendigkeit dieser Erneuerung durch die Kläger bestritten, die darauf abstellten, dass es zum „Abklemmen“ der bisherigen Hausanschlussleitung allein durch das Handeln eines vom Versorger beauftragten Tiefbauunternehmers gekommen sei. Da aber im März 2017 kein funktionierender Hausanschluss mehr bestanden habe, könne die Notwendigkeit, diesen zu erneuern, dem Grunde nach nicht in Frage gestellt werden, so das Verwaltungsgericht.


VG: Wertsteigerung durch verbesserten Anschluss


Auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Leistungserbringung im Interesse des Grundstückseigentümers sei erfüllt. Zwar hätten die Kläger der Art und Weise der Herstellung des Anschlusses widersprochen und gegen die Anschlussverfügung Widerspruch erhoben. Die vom Beklagten gewählte Variante bringe den Klägern aber einen doppelten Nutzen. Anders als bislang hätten sie nunmehr einen rechtssicheren Anschluss; auch wiesen die Leitungen dieses Anschlusses keine möglicherweise gesundheitsgefährdenden Bleimuffen mehr auf. Das Grundstück der Kläger habe durch den verbesserten Anschluss zudem eine nicht unerhebliche Wertsteigerung erfahren, stellte das Verwaltungsgericht fest.


VGH: Klageerweiterung zielt auf andere Rechtsfolge


Nach dem Beschluss des VGH ist - auf die Anträge sowohl der Eigentümer als auch des Versorgers hin - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen. Bei dem nach dem Anfechtungsantrag gestellten Leistungsantrag handelt es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts  um einen weiteren Streitgegenstand, heißt es in dem Beschluss.


Das Ende 2018 geltend gemachte Leistungsbegehren beruht dem VGH zufolge auf einem anderen Klagegrund, nämlich den entstandenen Kosten für die von den Klägern nach der Erneuerung ihres Hausanschlusses persönlich veranlasste Verlegung von Leitungen auf ihrem Grundstück, und ziele auf eine andere Rechtsfolge als die ursprünglich nur auf die Anfechtung der Anschlussverfügung und der Kostenerstattungsbescheide gerichtete Klage.


Das Verwaltungsgericht hat die Zulässigkeit der Klageerweiterung zu Unrecht verneint, schreibt der VGH. Seine Auffassung, dass die Klageerweiterung nicht sachdienlich sei, sei falsch. Als sachdienlich ist eine Klageänderung in der Regel anzusehen, wenn sie der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffes zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dienen kann und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt, führt der VGH aus. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt.


Der VGH folgt auch nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Zulassung der Klageerweiterung würde eine unzulässige Umgehung der Regelung in § 3 KAG bedeuten, wonach gegen Ansprüche aus dem Abgabenverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufgerechnet werden kann. Denn die Erweiterung der Klage um den streitgegenständlichen Leistungsantrag stelle nicht zugleich eine Aufrechnungserklärung dar. Vielmehr diene sie gerade der rechtskräftigen Feststellung des geltend gemachten Zahlungsanspruchs, die für eine mögliche spätere Aufrechnung erforderlich sei.


Satzungsgeber hat sich für eine von zwei möglichen
Berechnungsmethoden entschieden


Auf der anderen Seite habe auch der beklagte Wasserversorger mit seinem Zulassungsantrag die Begründung des Verwaltungsgerichts hinreichend erschüttert, es fehle an einer Vorschrift in der Wasserversorgungssatzung, die die Berechnungsmethode zur Festsetzung des Kostenersatzes der Höhe nach regele. Nach Auffassung des VGH spricht viel dafür, dass die WVS entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hinreichend klar erkennen lässt, dass sich der Satzungsgeber bewusst für eine der beiden möglichen Berechnungsmethoden – die Erstattung der entstandenen Kosten für die Erneuerung des Anschlusses in tatsächlicher Höhe oder nach Einheitssätzen - entschieden hat. Den Erläuterungen des Gemeindetags zu dem Satzungsmuster, auf dem die Wasserversorgungssatzung beruht, sei ausdrücklich zu entnehmen, dass dieses Satzungsmuster dem Kostenersatz die tatsächlichen Kosten, nicht aber Einheitssätze zugrunde legt. Sollten Einheitssätze festgesetzt werden, sei hierzu eine ausdrückliche, zusätzliche Regelung in die Satzung aufzunehmen. Aus den Erläuterungen des Gemeindetags ergibt sich darüber hinaus die ausdrückliche Empfehlung, von der Festsetzung von Einheitssätzen angesichts der Schwierigkeiten, diese betragsmäßig festzulegen, nur zurückhaltend Gebrauch zu machen.