Beim Freilinger See handelt es sich um einen Stausee, der seit 1976 existiert und mit Quellwasser gespeist wird, erläutert das Gericht. Er wurde zur Regenrückhaltung und Fremdenverkehrsnutzung gebaut. Seine Wasseroberfläche umfasst circa 11 Hektar. An dem See konnten in den Jahren vor Verbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 diverse Freizeitaktivitäten am und im Wasser erfolgen.
Nachdem die Gemeinde vorübergehend durch eine weiter gehende Allgemeinverfügung unter anderem die Liegewiesen, Wasserflächen, Rundwege und Anlegestege und Grillplätze gesperrt hatte, trat am 6.5.2020 die strittige neue Allgemeinverfügung in Kraft, die für den Zeitraum vom 06.05.2020 bis zum 30.05.2020 gilt. Das damit ausgesprochene Verbot der Nutzung der Wasserfläche wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass nach der Coronaschutzverordnung NRW die zuständigen Behörden generelle Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Orte aussprechen können. Vorliegend sei im Hinblick auf Lockerungen von Pandemiebestimmungen die bisherige Vollsperrung des Freilinger Sees teilweise aufgehoben worden, so die Gemeinde. Allerdings sei nach wie vor der Betrieb von Schwimmbädern verboten.
Gemeinde: Teilweise Sperrung angemessen
Vor diesem Hintergrund sei mit zusätzlichem Besucheraufkommen am Freilinger See zu rechnen, der ein überregionales Tagesausflugsziel mit teilweise bis zu 1.000 Besuchern täglich sei, argumentierte die Gemeinde. Vor diesem Hintergrund habe die Gemeinde ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, die Wasserfläche weiterhin zu sperren. Eine vollständige Sperrung des gesamten Seegebietes wäre ein weniger mildes Mittel.
Eine vollständige Öffnung sei für den angestrebten Zweck, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung bei einem gegebenenfalls weiteren Anstieg der Anzahl an Infizierten zu gewährleisten, nicht gleich geeignet, so die Gemeinde. Eine vorübergehende teilweise Sperrung der Freizeiteinrichtung Freilinger See sei auch angemessen. Trotz Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Bewegungsfreiheit Einzelner erfolge hier ein verhältnismäßiger Ausgleich mit dem hochrangigen Schutzgut des Gemeinwohls und der Gesundheit der Bevölkerung.
VG Aachen: Allgemeinverfügung offensichtlich rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Aachen hat den Antrag abgewiesen. In der summarischen Prüfung müssten das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung mit den Interessen der Allgemeinheit an der Vollziehung der Maßnahme abgewogen werden. Bedeutsam für die Interessenabwägung seien die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren. Das Interesse des Antragstellers würde überwiegen, sofern die angegriffene Allgemeinverfügung offensichtlich rechtswidrig wäre, führt das Gericht aus. Sei sie offensichtlich rechtmäßig, überwiege das Interesse an ihrer Vollziehung. Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, habe eine weitere Interessenabwägung im Sinne einer Folgebetrachtung stattzufinden, stellt das Gericht fest.
Danach sei die Allgemeinverfügung offensichtlich rechtmäßig. Dass es sich bei der Coronavirus-Krankheit COVID-19 um eine übertragbare Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (ISFG) handle, unterliege keinem Zweifel. Die u. a. durch die CoronaSchVO eröffnete Möglichkeit, Betretungsverbote für öffentliche Orte auszusprechen, stelle auch keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere Grundrechte, dar.
Maßnahme der Gemeinde dient legitimem Zweck
Bei dem Verbot, die Wasserfläche des Freilinger Sees zu nutzen, handle es sich um eine Regelung des Betretungsverbots im Sinne des § 12 Abs. 4 CoronaSchVO. Danach können die zuständigen Behörden generelle Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Orte aussprechen.
Im vollumfänglichen Verbot der Nutzung der Grillhütten, Wasserflächen, Sportplätze und Spielplätze ist – entsprechend der Formulierung der Vorgängerverfügungen in der Sache ein solches Betretungsverbot zu sehen. Das Gericht zweifelt nach eigenen Angaben nicht daran, dass die ergriffene Maßnahme der gemeinde einem legitimen Zweck – der Eindämmung des Virus SARS-CoV-2 – dient und zur Erreichung dieses Zwecks auch geeignet und angemessen ist. Vorliegend steht hingegen kein Nutzungsausschluss (unmittelbar) aufgrund § 3 CoronaSchVO in Rede. Vor diesem Hintergrund komme es nicht auf den Einwand des Antragstellers an, der Freilinger See sei kein Schwimmbad im Sinne der CoronaSchVO und keine Sportanlage.
Verbot der Nutzung der Wasserfläche ist geringerer Eingriff in die Grundrechte
Die Gemeinde hat von ihrem Ermessen sachgerechten Gebrauch gemacht. Hierbei stelle sich die Untersagung der Nutzung der Wasserfläche als geringerer Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar als eine vollständige Sperrung des Seegeländes einschließlich der Spazierwege, heißt es in dem Beschluss.
Vom Gericht überprüfbare Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Gemeinde erkannt, dass sie Grundrechte der potentiellen Seebenutzer - einschließlich des Antragstellers - hinsichtlich der allgemeinen Handlungsfreiheit und Bewegungsfreiheit durch die Einschränkungen der Nutzung der Gewässerfläche des Freilinger Sees einschränkt. Das Gericht teilt nach eigenen Angaben die Erwägungen der Gemeinde über die Abwägung der widerstreitenden Interessen der Seebenutzer und der Gesundheit der Bevölkerung.
Verstärkte Nutzung zu erwarten
Werde die Nutzung der Wasseroberfläche untersagt, sei dies auch geeignet, durch eventuelle Badebesucher verursachte zusätzliche Ansteckungsrisiken mit dem Corona-Virus aktuell zu vermeiden, heißt es in dem Beschluss. Zutreffend weise die Gemeinde darauf hin, dass wegen der erfolgten Schließungen von Schwimmbädern und Spaßbädern ein Ausweichverhalten gerade an warmen, sonnigen Tagen zu erwarten sei. Eine verstärkte Nutzung noch vorhandener Bademöglichkeiten an frei zugänglichen Badeseen ist gerade im Hinblick auf den Mangel an anderen Freizeitmöglichkeiten und die noch aufrecht erhaltene Schließung öffentlicher Schwimmbäder insbesondere bei guter Wetterlage zu erwarten.
Die Benutzung der Wasserfläche war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Aachen auch zu untersagen, da es sei nicht ersichtlich, wie bei einem weitgehend frei zugänglichen Seeufer konkrete Beschränkungen von Badenutzungen eingerichtet oder überwacht werden sollten.