Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung hat untersucht, wie Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker für das Thema Arzneimittelrückstände in der Umwelt sensibilisiert und geschult werden können. Diese beiden Berufsgruppen nähmen eine Schlüsselrolle in der Kommunikation von Arzneimitteln und Umweltrisiken ein, teilte das Institut mit. Verbraucherinnen und Verbraucher müssten besser über die Einnahme und richtige Entsorgung von Medikamenten informiert werden, unterstrich die ISOE-Forscherin Martina Winker.
Wie groß die Wissenslücken bei der sachgemäßen Entsorgung von Altarzneien sind, habe eine Befragung des ISOE aus dem Jahr 2014 gezeigt. „Damals gaben 47 Prozent der Befragten an, flüssige Medikamentenreste mitunter über die Spüle oder die Toilette, also falsch zu entsorgen“, so Winker. „Wir setzen mit den Apothekern und Ärzten da an, wo das Problembewusstsein und das Wissen über Umweltwirkungen und Medikamente zentral sein muss: bei den Vertrauenspersonen, an die sich Verbraucher wenden, wenn es um die Verschreibung von Medikamenten geht.“
In den Fortbildungsveranstaltungen, die das ISOE gemeinsam mit der Landesärztekammer und der Landesapothekenkammer Baden-Württemberg angeboten hat, hätten sich auch bei diesen für den Umgang mit Medikamenten zentralen Berufsgruppen Informationsdefizite gezeigt, berichtete das ISOE. „Nicht allen Medizinerinnen und Medizinern war zum Beispiel klar, dass die Entsorgung von Arzneimittelresten über den Restmüll erfolgen muss“, sagte Winker. „Zudem fanden wir es bemerkenswert, dass das Thema Arzneimittelrückstände in der Umwelt trotz seiner Bedeutung auch im Medizin- und Pharmaziestudium nicht verankert ist.“ Hier gebe es noch viel Spielraum, um Wissenslücken zu schließen.
Handbuch gibt Empfehlungen für Multiplikatoren
Unter Federführung der ISOE-Forscherin ist aktuell im Auftrag des Umweltbundesamtes ein Handbuch erschienen. Es gibt Empfehlungen für Multiplikatoren wie Bundes- und Landesapothekerkammern, Stiftungen, Akademien, Hochschulen und Universitäten und zeigt, wie didaktische Konzepte für Aus- und Fortbildungsveranstaltungen in der Pharmazie konkret aussehen können, teilte das ISOE weiter mit. Auch zu Lehrformaten, die sich gezielt an Medizinerinnen und Mediziner wenden, damit diese ihre Patienten sachgemäß über den umweltbewussten Umgang mit Medikamenten informieren können, lägen Konzepte, Formate und Publikationen vor.
Mit ihren Empfehlungen zur Verankerung von Wissen über Arzneimittelrückstände im Wasser orientieren sich die Forscherinnen und Forscher des ISOE nach eigenen Angaben am Vorsorgeprinzip. Während die negativen Effekte von Medikamentenrückständen auf im Wasser lebende Organismen inzwischen bekannt seien, überwiege noch Unwissen, wenn es um die Langzeitfolgen von chronischen Einträgen auch niedriger Konzentrationen auf Mensch und Umwelt geht. „Ärzte und Apotheker, die umweltrelevante Aspekte von Arzneimitteln wie die sachgemäße Entsorgung in der Patientenberatung zur Sprache bringen, wenn möglich auch kleinere Packungsgrößen empfehlen oder auch zu nichtmedikamentösen Behandlungsformen beraten, tragen vorsorgend dazu bei, dass die Risiken für Mensch und Umwelt minimiert werden können“, machte Winker deutlich.