So würden die Verbraucher vor Massenschäden geschützt, andererseits böten die neuen Vorschriften angemessene Garantien, dass es nicht zu missbräuchlichen Klagen komme. Der Gesetzentwurf sei Teil der Neugestaltung der Rahmenbedingungen für die Verbraucher. Damit werde insbesondere auf mehrere Skandale in jüngster Zeit reagiert, bei denen es um die Verletzung von Verbraucherrechten durch multinationale Unternehmen ging.
Deutschland kennt bislang Musterfeststellungsklagen bei Massengeschäften
In einigen Mitgliedstaaten können Verbraucher bereits Sammelklagen vor Gericht einreichen, aber erst jetzt wird dies in der gesamten EU möglich, erläuterte das Parlament. Das deutsche Recht kennt bislang keine Sammelklagen. In Deutschland können seit 2018 Gerichte in Musterfeststellungsklagen auf Antrag eines Musterklägers feststellen, dass die Voraussetzungen von vergleichbaren Ansprüchen der Verbraucher gegen das verklagte Unternehmen vorliegen. Relevant ist das für Massengeschäfte wie die Wasser- und Energieversorgung. Sammelklagen, bei denen sich Menschen mit dem gleichen Anliegen zu einem Gruppenverfahren vor Gericht zusammenschließen können, gibt es im deutschen Recht aber bislang nicht.
Mitgliedstaaten müssen wirksame Verfahrensform einführen
Alle Mitgliedstaaten müssen mindestens eine wirksame Verfahrensform einführen, die es qualifizierten Einrichtungen wie Verbraucherschutzorganisationen oder öffentlichen Stellen erlaubt, Klagen vor Gericht zu erheben, um die Unterlassung, also die Einstellung oder Verbot, der jeweiligen Praxis oder eine Entschädigung zu erwirken. Mit denen neuen Vorschriften soll dem Parlament zufolge illegales Vorgehen unterbunden und Verbrauchern der Zugang zur Justiz erleichtert werden, damit der Binnenmarkt in diesem Bereich besser funktioniert.
„Mehr Rechte für Verbraucher“
Nach dem europäischen Sammelklagenmodell dürfen – im Unterschied zu den USA - nicht Anwaltskanzleien, sondern nur qualifizierte Einrichtungen wie Verbraucherschutzorganisationen Verbrauchergruppen vertreten und Klagen vor Gericht bringen. Damit sie länderübergreifende Klagen vor Gericht bringen können, müssen qualifizierte Einrichtungen, die keinen Erwerbszweck verfolgen und strenge Zulassungskriterien erfüllen, die von einer Behörde überwacht werden EU-weit denselben Kriterien genügen.
Sie müssten nachweisen, dass sie über ein gewisses Maß an Beständigkeit verfügen, im Dienste der Öffentlichkeit tätig sind und zudem gemeinnützig sind. Für innerstaatliche Klagen müssten die Einrichtungen die Kriterien erfüllen, die in den nationalen Gesetzen festgelegt sind. Eingeführt werden sollen dem Europäischen Parlament zufolge auch strenge Schutzmaßnahmen gegen missbräuchliche Klagen. Denn es greife nämlich das Verursacherprinzip. wobei die unterlegene Partei trage die Verfahrenskosten der obsiegenden Partei trage. Sammelklagen können den Angaben zufolge gegen Gewerbetreibende erhoben werden, die vermeintlich gegen Unionsrecht verstoßen haben.
Zwei Jahre Zeit für Umsetzung
Die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben anschließend zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, und weitere sechs Monate, um sie anzuwenden. Die neuen Regeln gelten für Sammelklagen, die am oder nach dem Geltungsbeginn der Richtlinie erhoben werden.