Neues Messverfahren liefert genaueres Bild der organischen Gewässerbelastung


In der Studie, an der auch das Helmholtz-Zentrum Hereon beteiligt ist, wurde ein neues Verfahren entwickelt, das ein eindeutiges Bild vom Verschmutzungsgrad des Wassers liefern kann. Das teilte das Institut mit.


Bei der herkömmlichen Messmethode würden Wasserproben mit den Chemikalien Permanganat oder Dichromat versetzt. Diese seien besonders reaktionsfreudig und bauten in kurzer Zeit alle organischen Substanzen ab. An der Menge des verbrauchten Permanganats oder Dichromats lasse sich dann bestimmen, wie viel organische Substanz in der Wasserprobe enthalten war. Experten sprechen bei dieser Messung vom Chemischen Sauerstoffbedarf (Chemical Oxygen Demand, COD).


COD-Messung unterscheidet nicht zwischen natürlicher und abwasserbasierter Organik


Das Problem der COD-Messung sei, dass sie nicht zwischen den organischen Stoffen unterscheide, die mit Abwasser ins Wasser gelangen, und jenen, die auf natürlichem Wege entstanden sind – etwa Lignin und Huminsäuren, die beim Zerfall von Holz frei werden, so das Helmholtz-Zentrum Hereon. Damit lasse sich die Verschmutzung des Wassers kaum vom natürlichen Gehalt an organischen Stoffen unterscheiden.


„Für den Han-Fluss in Südkorea etwa haben wir mit unserer neuen Methode herausgefunden, dass die Belastung mit organischen Stoffen aus Abwässern in den vergangenen 25 Jahren abgenommen hat“, sagte  Prof. Helmuth Thomas, Leiter des Hereon-Instituts für Kohlenstoffkreisläufe.  „Die COD-Messungen aber zeigen nach wie vor hohe Werte an, weil hier die natürlichen Substanzen einen Großteil der Organik im Wasser ausmachen.“


Für eine bessere Messung der tatsächlichen Verschmutzung sei seit Jahrzehnten eine biologische Messmethode etabliert, die jedoch sehr viel aufwendiger als die COD-Messung sei und deshalb von Behörden und Forschungseinrichtungen seltener genutzt werde, erklärte das Helmholtz-Zentrum Hereon. In diesem Fall wird eine Wasserprobe aus dem Fluss oder See entnommen und der Sauerstoffgehalt des Wassers als Anfangswert gemessen. Eine weitere Parallelprobe wird sofort luftdicht verschlossen. Anschließend ruht diese Wasserprobe fünf Tage lang. In dieser Zeit bauen Bakterien die organische Substanz ab, wobei sie den Sauerstoff im Wasser nach und nach verbrauchen.


Nach fünf Tagen wird das Gefäß geöffnet und der Sauerstoff gemessen, führte das Institut weiter aus. Enthält das Wasser viel Organik, ist der Sauerstoffverbrauch entsprechend groß. Experten sprechen bei dieser Messung vom Biologischen Sauerstoffbedarf (Biological Oxygen Demand, BOD). „Die Messung des BOD ist sehr viel genauer als die des COD, weil die Bakterien vorzugsweise die kleinen organischen Moleküle aus dem Abwasser abbauen, aber die natürlichen wie etwa Lignin unangetastet lassen“, sagte Thomas.


Zeitintensive und fehleranfällige BOD-Messung


Allerdings habe auch die Messung des BOD ihre Nachteile. Zum einen dauere die BOD-Messung fünf Tage, während der COD-Wert nach wenigen Minuten vorliege. Zum anderen müsse man beim Abfüllen, Lagern und Vermessen der Wasserproben genau darauf achten, dass kein Sauerstoff aus der Umgebungsluft in die Probe gelangt und den Messwert verfälscht. „Das ganze Handling der BOD-Messung beherrschen nur einige wenige Leute mit großer Laborerfahrung“, sagte Thomas. „Daher bevorzugen Behörden und Forscher auch heute noch den COD – trotz großer Unsicherheiten.“


Das Team um Helmuth Thomas stellt deshalb eine alternative Methode vor, die die klassische BOD-Messung verbessert. Vorteil der Methode sei, dass nur eine Wasserprobe genommen werden muss, diese sofort verschlossen wird und der Sauerstoffverbrauch ohne Eingriff in die Probe gemessen wird, erklärte das Institut. Es sei nicht notwendig, die Probe nach fünf Tagen erneut zu öffnen, um den Sauerstoffgehalt zu messen. So werde vermieden, dass die Probe erneut mit Luftsauerstoff in Berührung kommt.


Kontinuierliche Messung des Sauerstoffgehalts anhand optischer Effekte


Beim neuen Ansatz wird gleich beim Abfüllen der Wasserprobe eine optische Faser in das Probengefäß eingeführt, so das Helmholtz-Zentrum Hereon. Über diese Faser könne der Sauerstoffgehalt anhand optischer Effekte kontinuierlich direkt in der Probe gemessen werden. „Wir können den Sauerstoffgehalt damit nonstop messen und erhalten ein sehr viel genaueres Bild vom Sauerstoffverbrauch durch die Bakterien“, sagte Thomas. Erste Versuche hätten gezeigt, dass ein aussagekräftiges Ergebnis bereits nach rund 48 Stunden vorliegt.


Thomas geht davon aus, dass sich das neue Verfahren in den kommenden Jahren als neuer Standard etabliert, der sowohl die COD- als auch die klassische BOD-Messung ablösen wird. So könne künftig beispielsweise zuverlässiger als bisher ermittelt werden, ob Maßnahmen zur Gewässerreinhaltung tatsächlich erfolgreich sind, stellte das Helmholtz-Zentrum Hereon in Aussicht.