Studie: Antibiotikaresistente Erreger immer häufiger auch in Gewässern zu finden


Antibiotikaresistente Erreger gibt es immer häufiger auch in Gewässern. Ein Forschungsteam der Universitäten Marburg (UMR), Duisburg-Essen (UDE) und Hongkong hat verschiedene Erregertypen analysiert und ihre Häufigkeit in über 270 europäischen Süßwasserseen erfasst. Damit sei erstmalig eine Basis geschaffen, die Entwicklung der Keimbelastung in 13 europäischen Ländern zu überwachen, teilte die UMR mit. Die Studie sei im Fachmagazin „Environment International“ veröffentlicht worden.


„Die Coronavirus-Pandemie hat sehr deutlich veranschaulicht, wie wichtig es ist, Veränderungen in der Entwicklung von Krankheitserregern schnell und in großem Maßstab erkennen zu können“, sagte Prof. Dominik Heider von der UMR, der die Studie gemeinsam mit Prof. Jens Boenigk von der UDE geleitet hat. Heider ist der UMR zufolge Experte für Data Science in der Biomedizin und beschäftigt sich in seiner Forschung unter anderem mit Algorithmen zur Vorhersage von Arzneimittelresistenzen.


„Diese Resistenzen gegen wichtige Reserveantibiotika sind ein großes Problem“, sagte Boenigk als Experte für die Diversität und Verbreitung von Mikroorganismen. Die bisherigen Forschungsarbeiten zu antibiotikaresistenten Keimen in Umweltgewässern seien geographisch begrenzter und weniger standardisiert gewesen. „Wir geben in unserer Studie zum ersten Mal einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation in Europa.“


Dafür hat das Forschungsteam standardisierte Wasserproben von 274 Süßwasserseen in 13 europäischen Ländern von Skandinavien bis Spanien genutzt, die alle innerhalb eines Monats gesammelt wurden, berichtete die UMR. Die Forscherinnen und Forscher hätten Proben hinsichtlich der Resistenzgene gegen vier wichtige Antibiotikaklassen untersucht, die vor allem in der landwirtschaftlichen Tierhaltung und Humanmedizin genutzt werden: Tetracycline, Cephalosporine, Chinolone und Sulfonamide.


In fast allen Proben konnten Mikroorganismen festgestellt werden, die potenziell gegen diese Wirkstoffklassen resistent sind, hieß es weiter. „Ein großes Problem sind Abwässer, die zwar vor der Einleitung in Flüsse und Seen gereinigt werden, aber dennoch Krankheitserreger aufweisen. Diese gelangen dann in Süßgewässer wie Flüsse und Seen“, sagte Sebastian Spänig, Erstautor und Doktorand in der Arbeitsgruppe Data Science in der Biomedizin an der UMR. „Darüber hinaus wirken sich sozioökonomische und ökologische Faktoren wie die chemische Industrie und die Tierhaltung in unmittelbarer Nähe der Gewässer auf die Entwicklung antibiotikaresistenter Keime aus“, sagte er.


Nach aktuellem Stand bedeuten diese Resistenz-Werte keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit, sagte Heider. Allerdings könnten die Keime für Personen mit geschwächter Immunabwehr oder Vorerkrankungen bedrohlich werden. „Es ist sehr wichtig, die Keimbelastung kontinuierlich zu überwachen. Die aktuellen Werte sollten als deutliches Warnsignal in der Infektionsbekämpfung verstanden werden“, betonte er.