VG Kassel: Altes Wasserrecht muss nicht für immer erhalten bleiben


In dem vom VG Kassel behandelten Fall wandte sich der Kläger gegen den Widerruf eines ursprünglich aus dem Jahr 1923 stammenden alten Wasserrechts, wonach er das Recht hat, Wasser des Fließgewässers durch den Betriebsgraben abzuleiten, zum Betrieb eines Mühlrades zu gebrauchen und über den Betriebsgraben wieder einzuleiten. Des Weiteren durfte das Wasser des Gewässers an der Ableitungsstelle durch ein Wehr aufgestaut werden.


Das 1963 vom Regierungspräsidiums Kassel eingetragene weitere Recht, das entnommene Wasser zum Betrieb einer Durchströmturbine mit einem Schluckvermögen von 455 l/s anstelle eines Mühlrades zu gebrauchen, war auf 50 Jahre befristet. Im Jahr 2012 wollte der Kläger das Wasserrecht für weitere 50 Jahre erhalten.


2018 wurde der Kläger zur Vorlage eines Gesamtkonzepts für die künftige Wasserkraftnutzung aufgefordert. Zugleich erfolgte eine nochmalige Anhörung, verbunden mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines kostenfreien Verzichts auf das alte Wasserrecht. Der Kläger erklärte, dass die für eine Neuzulassung seitens der Wasserbehörde geforderten Mindestwasserführung und Fischdurchgängigkeit nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfüllt werden könne.


Altes Wasserrecht entschädigungslos widerrufen


Ende 2018 widerrief die Behörde daraufhin das alte Wasserrecht entschädigungslos. Unter anderem sei der Kläger wiederholten Aufforderungen, die Anlage dem Stand der Technik nachzurüsten, nicht nachgekommen. In der darauf folgenden Klage erklärte der Kläger, für den Einbau eines neuen Wasserrades benötige er als Inhaber des alten Rechts keine Genehmigung. Die Anforderungen der Behörde ließen den wirtschaftlichen Betrieb einer Energiegewinnung durch den Kläger nicht zu. Zur Errichtung eines Fischaufstiegs sei er rechtlich nicht verpflichtet.


Verwaltungsgericht Kassel weist Klage ab


Das Verwaltungsgericht Kassel hat die Klage abgewiesen. Nach dem WHG können alte Rechte und Befugnisse ohne Entschädigung widerrufen werden, wenn die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt worden ist, führt das Gericht aus. Das sei hier der Fall.


Einen prüffähigen Antrag habe der Kläger zu keiner Zeit gestellt. Das Schreiben des Klägers aus dem Jahr 2012 enthalte keinen konkreten Antrag, da schon nicht ersichtlich sei, ob der Kläger die Verlängerung der aufstockenden Bewilligung um weitere 50 Jahre oder die Wiederaufnahme der altrechtlichen Benutzung anstrebe. Darüber hinaus fehlten sämtliche erforderlichen Unterlagen.


Neuerrichtung eines Mühlrades bedarf einer Genehmigung


Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, die Behörde habe die Wiederaufnahme der Benutzung durch unzumutbare Forderungen verhindert, heißt es in dem Urteil weiter. Er verkenne, dass er zwar für die Gewässerbenutzung aufgrund des Altrechts keiner Genehmigung bedurfte, wohl aber für die Neuerrichtung eines Mühlrades und die damit im Zusammenhang stehenden Ausbaumaßnahmen.


Die von der Behörde geforderten Maßnahmen seien nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber darf die nach altem Recht begründeten Rechte einer Neuregelung angleichen, auch wenn dabei die bisher mit dem Recht verbundenen Befugnisse eingeschränkt werden, so das Gericht. Selbst die völlige Beseitigung bisher bestehender, durch die Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen sei ihm nicht ausnahmslos verwehrt. Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung könne damit nicht hergeleitet werden, dass ein vom Eigentumsrecht umfasstes Altrecht nach seinem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben muss oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden darf.


Anforderungen an Durchgängigkeit können nicht wegen
Rentabilität reduziert werden


Wie das Gericht ausführt, sind die Anforderungen des § 34 Abs. 1 WHG an die Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer eine zwingende Mindestvoraussetzung dafür, dass eine wasserrechtlichen Benutzungszulassung zur Errichtung oder zu wesentlichen Änderungen erteilt wird. Sie könnten deshalb nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, insbesondere nicht auf Grund wirtschaftlicher Belange wie etwa der Rentabilität der Anlage oder Unwirtschaftlichkeit des Unternehmens reduziert werden. Angesichts der Bedeutung der Durchgängigkeit für den ökologischen Zustand eines Gewässers kann auch bei alten Rechten nichts anderes gelten. Die Gewährleistung der Durchgängigkeit sei nicht von wirtschaftlichen Voraussetzungen abhängig.


Den Streitwert hat das Gericht auf 10.000 Euro festgesetzt.