OLG: Wasserverband bei Darlehensvertrag von Kündigungsrecht ausgeschlossen


Der Kläger, ein thüringischer Wasser- und Abwasserzweckverband, wandte sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage durch ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-07 O 252/20 vom 12. März 2021), schreibt das Gericht zum Sachverhalt. Mit der Klage wollte der Verband die Wirksamkeit einer von ihm erklärten Kündigung eines im Jahre 2006 abgeschlossenen Darlehensvertrages bestätigt haben.


Die Parteien – der Zeckverband und eine Kommunalbank - pflegten langjährige Geschäftsbeziehungen. In den Jahren 2005 und 2006 schlossen sie mehrere Darlehensverträge mit Zinsfestschreibungen bis in das Jahr 2036. Streitgegenständlich ist ein von den Parteien im November 2006 abgeschlossener Darlehensvertrag über 1,387 Mio. Euro, der eine Laufzeit bis zum 31. Oktober 2036 und einen über die gesamte Laufzeit festgeschriebenen Zinssatz von 4,065 Prozent vorsieht. Der Vertrag enthält die Klausel, dass für den Kreditnehmer und die Bank das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist.


Wasserzweckverband kündigt Kommunalkredit im Jahr 2019


Der Zweckverband erklärte im Oktober 2019 die ordentliche Kündigung des Kommunalkredits mit Wirkung zum 30. April 2020. Die Bank wies die Kündigung zurück. Das Landgericht Frankfurt am Main wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Kündigung sei unwirksam und habe den Darlehensvertrag nicht beendet. Das Schreiben vom Oktober 2019 habe den Darlehensvertrag nicht außerordentlich gekündigt, da zwischen den Parteien kein vertragliches Recht zur außerordentlichen Kündigung vereinbart sei. Insbesondere stelle eine sich verändernde Zinslage keinen wichtigen Grund dar, der die umgehende Beendigung des Vertragsverhältnisses notwendig mache, hieß es im Urteil des Landgerichts.


OLG: Landgericht hat Klage zu Recht abgewiesen


Dagegen wandte sich der Verband mit seiner Berufung, die das Oberlandesgericht Frankfurt abgewiesen hat. Dem OLG zufolge hat das Landgericht die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Zwar sehe § 489 Abs. 4 S. 1 BGB vor, dass die in § 489 Abs. 1 und 2 BGB normierten Kündigungsrechte des Darlehensnehmers nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden können (siehe Kasten). Dies gelte allerdings nach § 489 Abs. 4 S. 2 BGB nicht, wenn das Darlehen vom Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband, den Europäischen Gemeinschaften oder einer ausländischen Gebietskörperschaft aufgenommen worden ist. Der Kläger unterfalle dem Anwendungsbereich des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB, da es sich bei ihm um einen Gemeindeverband im Sinne dieser Vorschrift handle, heißt es in dem Urteil.


Da es sich bei dem Kläger um einen Zusammenschluss mehrerer Gemeinden handle, stehe eine Auslegung, wonach der Begriff des „Gemeindeverbandes“ im Sinne des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB auch den Kläger als Zweckverband mit umfasst, zunächst im Einklang mit dem Wortsinn.


Kündigungstatbestände dienen vornehmlich dem Schuldnerschutz


Diese Deutung entspreche auch dem Gesetzeszweck. Zwar sei eine Begründung, warum die in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB genannten öffentlich-rechtlich organisierten Darlehensnehmer vertraglich frei über die Kündigungsmodalitäten bezüglich der von ihnen aufgenommenen Darlehen disponieren können, durch den Gesetzgeber nicht erfolgt. Allerdings sei allgemein anerkannt, dass die Kündigungstatbestände des § 489 vornehmlich dem Schuldnerschutz dienen, indem der Darlehensnehmer vor überlangen und wirtschaftlich nachteiligen Vertragsbindungen geschützt und in die Lage versetzt wird, mit dem Darlehensgeber unter dem Druck des Kündigungsrechtes marktgerechte Zinsvereinbarungen zu treffen.


Vor diesem Hintergrund sei der Grundgedanke darin zu sehen ist, dass die in § 489 BGB aufgeführten öffentlich-rechtlichen Darlehensnehmer dieses Schutzes nicht bedürfen. Dieser Regelungszweck treffe auch auf kommunale Zweckverbände und somit auch auf den Kläger zu, stellt das Oberlandesgericht fest.


Zweckverband bedarf des wirtschaftlichen Schutzes nach § 489 Abs. 1 und 2 BGB nicht


Dass ein Zweckverband des wirtschaftlichen Schutzes der § 489 Abs. 1 und 2 BGB nicht bedarf, ergebe sich bereits daraus, dass er über die Verbandsumlage mittelbar Zugriff auf die Finanzmittel seiner Mitglieder hat, bei denen es sich im Regelfall mehrheitlich - und vorliegend sogar ausschließlich - um Gemeinden oder Gemeindeverbände handle. Unterscheide sich die finanzielle Absicherung eines Zweckverbandes damit letztendlich nicht von derjenigen von Gemeinden und Gemeindeverbänden, bestehe keine Veranlassung einen Zweckverband als schutzbedürftiger anzusehen, als die beiden vorgenannten öffentlich-rechtlichen Körperschaften.


Da dem klagenden Zweckverband ausschließlich Gemeinden angehören, kann dem OLG zufolge vorliegend dahingestellt bleiben, ob dies auch dann gilt, wenn einem Zweckverband privatrechtlich organisierte Mitglieder zugehörig sind, die ihren Finanzbedarf nicht über Steuern oder Beiträge regulieren können. Allerdings bliebe auch in diesem Fall der Zugang eines solchen Zweckverbandes zu Steuermitteln über die gemeindlichen Mitglieder gewährleistet, weshalb sich eine gesteigerte Schutzbedürftigkeit des Zweckverbandes auch bei einer Mitgliedschaft Privater nicht geradezu aufdrängt, heißt es in dem Urteil weiter. So stelle etwa auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Zweckverbände aufgrund der vergleichbaren Bonität den Gemeindeverbänden gleich, wenn an diesen mindestens eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband beteiligt ist.


Die Revision hat das OLG zugelassen.