Zum Hintergrund schreibt das UBA, dass derzeit 96 Prozent der deutschen Grundwasserkörper als „mengenmäßig gut“ bewertet würden und 64 Prozent in einem „guten chemischen Zustand“ seien - aber kein einziges Oberflächengewässer in Deutschland erreiche den guten chemischen Zustand, weil flächendeckend Schadstoffe wie Quecksilber oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe die Grenzwerte überschreiten. Und diese Stoffe stellen dem UBA zufolge nur einen Teil der chemischen Gewässerbelastungen dar. Der ökologische Zustand werde lediglich für acht Prozent der deutschen Oberflächengewässer mit „gut“ oder „sehr gut“ bewertet. Im laufenden Jahr hat nun der dritte Bewirtschaftungszyklus der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) begonnen, mit dessen Ende 2027 alle Gewässer einen „guten Zustand“ erreichen müssen.
Förderfähigkeit von Wasserkraft an WHG-Anforderungen knüpfen
Einem weiteren Grund für die Zielverfehlung sieht die Behörde auch in der fehlenden Integration von Belangen des Gewässerschutzes in andere Rechtsbereiche außerhalb des Wasserrechts. Dringend sollten beispielsweise die Förderfähigkeit von Wasserkraftwerken nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) unmittelbar an die aktuellen WHG-Anforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes geknüpft und die Gewässerentwicklung in den Grundsätzen der Raumordnung verankert werden. Das Agrarrecht sollte eine Übertragung von Mitteln aus der 1. Säule in die 2. Säule der GAP ermöglichen und die ökologischen Regelungen für die Umsetzung der WRRL nutzbar machen.
Fehlende Anforderungen an Phosphat-Einleitung für Kläranlagen der Größenklassen 1 bis 3
Aber auch im Wasserrecht sieht das UBA Anpassungsbedarf. So existierten für Kläranlagen der Größenklassen 1 bis 3 beispielsweise keine rechtlichen Anforderungen an die Einleitung von Phosphat, was in kleinen Fließgewässern zum Verfehlen des guten ökologischen Zustands beitrage. Der Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln auf Gewässerrandstreifen verhindere das Erreichen des guten Zustands und sollte wasserrechtlich unterbunden werden, fordert die Behörde.
Kohärenz zwischen Wasserrichtlinien, Stoff- und Anlagenrecht verbessern
Zu verbessern sei auch die Kohärenz zwischen Wasserrichtlinien, Stoffrecht sowie Produkt- und Anlagenrecht mit ihren untergesetzlichen technischen Regelwerken. So hält das Umweltbundesamt übergreifende Regelungen für gewässerrelevante Chemikalien mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften wie PBT-/vPvB-Stoffe, PMT-/vPvM-Stoffe und Stoffe mit endokrinen Wirkungen in der Umwelt sowie ihre Überwachung in den Gewässern für erforderlich. Qualitätsnormen könnten aus den EU-Registrierungs-, Bewertungs- und Zulassungsverfahren abgeleitet werden.
Zudem müssten die Priorisierungsverfahren zur Auswahl von Stoffen für Maßnahmen beschleunigt werden. Das Umweltbundesamt empfiehlt daher, statt pauschaler Flächenprämien mit der EU-Agrarförderung ökologische Leistungen, wie Gewässerrandstreifen und ökologische Bewirtschaftung zu honorieren. Die Gewässerschutzbelange sind in den nationalen Strategieplan aufzunehmen, um Benachteiligungen durch Gewässerschutzmaßnahmen auszugleichen.
Digitale Berichtspflichten vereinfachen und verbessern
Um die Umsetzung der WRRL kontinuierlich zu verfolgen und den Aufwand dafür zu begrenzen, ist es nach Auffassung des UBA auch notwendig, die digitale Berichterstattung zur WRRL und die Datenbereitstellung über zeitgemäße Digitalisierungsinstrumente zu vereinfachen. So werde die Kohärenz zwischen der digitalen und schriftlichen Berichterstattung verbessert, eine doppelte Berichterstattung vermieden und ein zeitnaher und aktueller Einblick in den Zustand der Gewässer und die Maßnahmenumsetzung ermöglicht.
Berichterstattung auch auf nationaler Ebene optimieren
Auch die Berichterstattung zur Maßnahmenplanung und -umsetzung auf nationaler Ebene müsse optimiert werden, weil diese als wesentliche Indikatoren erlauben, den Fortschritt bei der Verbesserung des Gewässerzustands zu messen und vorherzusagen. Zudem verstärkt die digitale Berichterstattung die Transparenz, trägt zur Erhöhung der Akzeptanz für zukünftige Maßnahmen und zur Legitimation des Mitteleinsatzes bei und erhöht die Motivation für eine zügige Umsetzung.
Hohes Ambitionsniveau des europäischen Gewässerschutzes weiter dringend geboten
Grundsätzlich haben sich die Umweltziele und die Bewertungsprinzipien der WRRL nach Einschätzung des Umweltbundesamtes bewährt. In Anbetracht der Defizite der Gewässerqualität, der steigenden Beanspruchung durch vielfältige Nutzungen und den Herausforderungen des Klimawandels sei ein hohes Ambitionsniveau des europäischen Gewässerschutzes in den Politiken sowie in den anstehenden europäischen Rechtsetzungen weiterhin dringend geboten. Das UBA empfiehlt in seinem Positionspapier, den gemeinsamen Umsetzungsprozess der europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten fortzuführen und die Anregungen aus dem Fitness Check Prozess zu nutzen, um gemeinschaftlich Lösungen für die Bewirtschaftungsplanung zu entwickeln.