Der klagende Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) verlangt von der Bahn die Übernahme der Kosten für die Instandsetzung des Sinnerbachdurchlasses, der Bestandteil der Kreuzung der Landstraße Nr. 125 und der Nahetalbahn von Bingen am Rhein nach Saarbrücken ist, schreibt das Gericht zum Sachverhalt. Es handelt sich um ein Durchlassbauwerk in Form einer Eisenbahnüberführung mit doppelter Durchlassfunktion für die Straße und den Bachdurchlass. Innerhalb des Durchlassbauwerks sind die Landstraße und der Sinnerbach in einer gemeinsamen Trasse verlegt.
Kläger verweist auf Neuführung des Sinnerbaches
Der Sinnerbach sei Anfang des 20. Jahrhunderts auf einer Länge von 175 Meter unter der Straße, aber innerhalb des Eisenbahnbauwerks verlegt worden, brachte der LfS vor. Der Bau einer weiteren Überführung über den Bachlauf sei damit von der Bahn eingespart worden. Sämtliche Kosten der Ersterrichtung des Gesamtbauwerks einschließlich des neu hergestellten Sinnerbachdurchlasses trug damals die Bahn entsprechend der damals geltenden Rechtslage.
Im Jahre 1997 trafen die Bahn und der Kläger eine Vereinbarung, die zwischen Erneuerungs- und Instandsetzungsarbeiten am Sinnerbachdurchlass innerhalb und außerhalb des Neunkirchener Tunnels „Plättchesdolen“ einerseits und der Aufnahme und Beseitigung sowie Erneuerung des Straßenoberbaus über dem Trogbauwerk andererseits unterschied, so das Gericht. Vorgesehen waren Kostenanteile für die DB AG in Höhe von 39,8 Prozent und für die Straßenbauverwaltung in Höhe von 60,2 Prozent. Nach Einschätzung des LfS habe die Bahn ihre Kostenbeteiligungspflicht explizit anerkannt, obwohl sie die Vereinbarung nicht unterschrieben hatte.
Bundesbahn als Unterhaltspflichtige im Bauwerksverzeichnis gestrichen
Bei dem Sinnerbach handelt es sich um ein Gewässer dritter Ordnung, eine Eigenschaft, die durch die Verrohrung des Bachlaufs nicht unterbrochen wird, heißt es in dem Urteil weiter. Unterhaltungspflichtig für Gewässer dritter Ordnung sind nach § 57 des Saarländischen Wassergesetzes die Gemeinden. Daher sei die Deutsche Bundesbahn als Unterhaltspflichtige im Bauwerksverzeichnis gestrichen worden. Nach Einschätzung des LfS sei die Bahn aber auch damals noch davon ausgegangen, dass Sanierungsarbeiten nicht straßenbaubedingt seien, sondern Erhaltungsaufwand darstellten, „für den der Unterhaltungspflichtige des Überführungsbauwerks aufkommen muss“.
Schlamm im Bachdurchlass Gefährdungspotential für Grundwasser
Die Sohle des Bachdurchlasses verläuft mehrfach im Gegengefälle und war infolge dessen so stark verschlammt, dass der Durchlass auch in seiner hydraulischen Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt war, heißt es in dem Urteil weiter. Überdies hätten Untersuchungen ergeben, dass der etwa 1,50 m starke Schlammspiegel zum Teil hohe Konzentrationen an unterschiedlichsten Schadstoffen, u. a. PAK, aufwies. Neben anderen Schäden - wie die Durchfeuchtung der Deckenuntersicht und teilweise massive Sohlverwerfungen - habe der kontaminierte Schlamm im Bachdurchlass längerfristig ein Gefährdungspotential für die Umwelt, insbesondere das Grundwasser, dargestellt.
Der durch die Schlammablagerungen verringerte lichte Durchlass-Querschnitt für den Sinnerbach habe in der Vergangenheit bereits wiederholt zu Überschwemmungen der Straße im Hochwasserfall geführt. Zur langfristigen Erhaltung und vollen Wiederherstellung der Standsicherheit und Verkehrssicherheit sei daher kurzfristig eine Instandsetzungs- und Teilerneuerungsmaßnahme unerlässlich gewesen. Dabei sei auch den Aspekten des Umwelt- und Hochwasserschutzes Rechnung zu tragen gewesen.
LfS führt die Instandsetzung des Sinnerbachdurchlasses durch
Im Juni 2015 wurde zwischen der Bahn und dem LfS daraufhin die Baudurchführungsvereinbarung über die Instandsetzung des Bauwerks 917 „Sinnerbachdurchlass in der Eisenbahnüberführung (EÜ) Plättchesdolen, Neunkirchen“ geschlossen, in der die Beklagte erklärte, die Sanierungsmaßnahmen unter Berücksichtigung einzelner Regelungen zu dulden. Eine Kostenbeteiligungsregelung enthält diese Vereinbarung nicht.
Der LfS führte in den Jahren 2016 bis 2018 die Instandsetzung des Sinnerbachdurchlasses durch, die unter anderem den Aufbau eines neuen Randbalkens zur Erhöhung der Deckenlage beinhaltete. Damit werde auch eine Überflutung der Straße im Hochwasserfall vermieden. Dafür macht der LfS gegenüber der Bahn einen Betrag in Höhe von rund sieben Mio. Euro geltend und erklärte sich zu einer Kostenbeteiligung in Höhe von 25 Prozent zu seinen Lasten bereit. Der LfS brachte vor, dass der Sinnerbachdurchlass untrennbar mit dem Gesamtbauwerk verbunden sei und damit unverzichtbarer Bestandteil der Eisenbahnüberführung und somit der Eisenbahnanlage sei.
VG des Saarlandes weist Klage ab
Das Verwaltungsgericht des Saarlandes ist der Argumentation der Behörde nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Kosten, deren Erstattung der Landesbetrieb begehrt, betreffen keine Eisenbahnanlagen der Bahn, heißt es in dem Urteil. Die von ihm durchgeführten Sanierungsmaßnahmen beträfen keine Bahnanlagen und hätten auch keinen Bezug zum Betrieb der Eisenbahn. So könne der Bahnbetrieb während der Durchführung der Instandsetzungsmaßnahmen am Bachdurchlass-Bauwerk uneingeschränkt aufrechterhalten werden.
LfS als Vorhabenträger aufgetreten
Der Sinnerbachdurchlass sei auch vom LfS mit einer Bauwerksnummer versehen und in seinen Anlagenbestand übernommen worden. Er habe die vorgeschriebenen Bauwerksprüfungen für den Sinnerbachdurchlass durchgeführt und sei bei Vorhaben zur Unterhaltung und Erneuerung des Durchlasses als Vorhabenträger aufgetreten.
Der LfS könne sich auch nicht auf das Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) berufen. Das Gesetz regle in §14 alleine die Zuständigkeit für die Erhaltung und Inbetriebhaltung der Kreuzungsanlagen und stelle keine Rechtsgrundlage für Zahlungs- oder Ausgleichsansprüche der Kreuzungsbeteiligten dar, erläutert das Gericht. Durch die Regelung des § 14 EKrG von 1974 sei die Erhaltungslast des Oberliegers bei einer Überführung für den untenliegenden Verkehrsweg weggefallen.
Dementsprechend kommt es dem Gericht zufolge hier nicht darauf an, ob die Bahnüberführung über den Sinnerbach bereits zwischen 1911 und 1914 errichtet und ob die Durchlasswände später von der Bahn erhöht worden seien. Auch wenn sich die Bahn damit die Kosten der Errichtung eines zusätzlichen Bachdurchlasses erspart haben sollte, ändere das nichts daran, dass mit dem Inkrafttreten des EKrG die Erhaltungslast des Oberliegers einer Überführung für den untenliegenden Verkehrsweg in Wegfall gekommen ist, heißt es in dem Urteil.