UBA: Gewässer sind weiter vor Spurenstoffen wie Antifouling-Beschichtungen zu schützen


Desethylterbutryn ist ein Transformationsprodukt der Biozide Cybutryn und Terbutryn; Terbutryn-Sulfoxid ein weiteres Transformationsprodukt von Terbutryn. Diese Stoffe wirken als Aufwuchshemmer und werden oder wurden als algizide Wirkstoffe u. a. in Fasadenfarben und Bootsanstichen eingesetzt, heißt es in der Studie. Sie hemmen die Photosynthese und seien deshalb sehr toxisch für alle höheren Pflanzen und Algen.


Terbutin mehr toxisch als Transformationsprodukte


Bei der Abschätzung der chronischen Toxizität zeige ein AA-QS (Qualitätsstandard) von 0,22 μg/L für Desethylterbutryn bzw. von 30 μg/L für Terbutryn-Sulfoxid, dass die Transformationsprodukte weniger toxisch sind als die Muttersubstanzen Terbutryn (AA-QS 0,065 μg/L) und Cybutryn (AA-QS 0,0017 μg/L). In Oberflächengewässern liegen die gemessenen Maximalkonzentrationen für Desethylterbutryn (0,6 μg/L) um circa eine Zehnerpotenz und für Terbutryn-Sulfoxid (0,034 μg/L) um rund zwei Zehnerpotenzen unter den Werten der beiden Muttersubstanzen.


Die höchsten gemessenen Konzentrationen von Desethylterbutryn in Oberflächengewässern überschreiten jedoch die abgeleitete AA-QS, so die Studie. Nach der vorliegenden Datenlage seien Desethylterbutryn sowie Terbutryn und Cybutryn als gewässerrelevant einzustufen. Bislang liegen den Angaben zufolge sehr wenige Monitoringdaten zu Desethylterbutryn vor, Für eine abschließende Risikobewertung sollte diese Substanz im Gewässermonitoring beobachtet werden, empfiehlt die Studie.


Bereits frühere Untersuchungen haben dem UBA zufolge gezeigt, dass große Mengen an Additiven in Fassadenanstrichen verwendet und bei Regenereignissen ausgewaschen werden. Eine Abschätzung der allgemeinen ökotoxikologischen Schadwirkung sei schwierig, weil hier neben der Anzahl der Regenereignisse viele Faktoren eine Rolle spielten, heißt es in der Publikation. So sei das Altersprofil der Gebäude im Einzugsgebiet wie auch Fläche, Material-, Konzentrations- und Substanzeigenschaften der Fassaden von ausschlaggebender Bedeutung für die Biozidkonzentrationen in Regenabflüssen.


Hinweise auf negative Beeinflussung der Fischgesundheit durch Antidiabetikum Metformin


Als potenziell gewässerrelevant können der Studie zufolge insgesamt – neben Desethylterbutryn - die Stoffe Venlafaxin, Clindamycin, N-Desmethylclindamycin und Metformin eingestuft werden: Bei diesen Stoffen sei  eine Schädigung der aquatischen Lebensgemeinschaften nicht auszuschließen.


Hinweise auf eine negative Beeinflussung der Fischgesundheit sieht die Studie auch durch das Antidiabetikum Metformin und dessen Hauptabbauprodukt  Guanylurea hat eine vom Umweltbundsamt (UBA). Der Publikation „Umweltqualitätsnormen für Binnengewässer  - Überprüfung der Gefährlichkeit neuer bzw. prioritärer Substanzen“ zufolge weisen die Untersuchungsergebnisse auf eine Beeinflussung des Hormonsystems subadulter, männlicher Regenbogenforellen nach Metformin-Exposition hin.


Zur Ableitung eines ökotoxikologischen Schwellenwertes für Metformin im Rahmen des Projekts  wurden die Veränderungen der Vitellogenin-Konzentrationen bei männlichen Regenbogenforellen herangezogen, heißt es in der Studie. Die NOEC (No Observed Effect Level oder Concentration) hinsichtlich der Vitellogenin-Induktion lag mit 50 μg/L im Bereich der maximal in Oberflächengewässern gemessenen Metformin-Konzentrationen. Damit sei Metformin als gewässerrelevanter Spurenstoff einzustufen.


Von den Veränderungen werde insbesondere der Nachweis einer zwar geringen, aber signifikanten Induktion des Proteins Vitellogenin als ein eindeutig auf die Metformin-Exposition zurückzuführender Effekt interpretiert. Diese Beeinflussung des Hormonsystems sei nach 28-tägiger Exposition jedoch nicht mit signifikanten Effekten hinsichtlich der biometrischen Daten (Körpergewicht, Gesamtlänge, Hoden- und Lebergewicht) oder biologischen Indices (Korpulenzfaktor) einher gegangen.


Nach Exposition in Guanylurea sei bei adulten Regenbogenforellen beiderlei Geschlechts signifikante Veränderungen der Sexualhormone nachgewiesen. Die Werte ließen jedoch keine klare Tendenz oder Dosis-Wirkungsbeziehung erkennen, sodass sie im Rahmen einer Risikobewertung keine Berücksichtigung fänden. Weder Metformin noch Guanylurea führten zu pathologischen Veränderungen der Fischorgane oder zu eindeutigen, auf die Testsubstanzen zurückzuführenden hämatologischen und klinisch-chemischen Veränderungen.


Zusammenfassend ergaben die im Rahmen der Studie erhobenen Befunde Hinweise auf eine negative Beeinflussung der Fischgesundheit durch Metformin und Guanylurea. Zur Ableitung eines ökotoxikologischen Schwellenwertes für Metformin im Rahmen des Projekts wurden die Veränderungen der Vitellogenin-Konzentrationen bei männlichen Regenbogenforellen herangezogen. Die NOEC hinsichtlich der Vitellogenin-Induktion lag mit 50 μg/L im Bereich der maximal in Oberflächengewässern gemessenen Metformin-Konzentrationen. Damit sei Metformin als gewässerrelevanter Spurenstoff einzustufen.


Für neue flussgebietsspezifische sind UQN festzulegen


Zum Hintergrund der Studie heißt es, dass zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) für neue flussgebietsspezifische Schadstoffe Umweltqualitätsnormen (UQN) festzulegen sind. Für viele Spurenstoffe ist aber laut UBA eine realitätsnahe UQN-Ableitung nicht möglich, da valide Testergebnisse fehlen. Zur Risikoabschätzung relevanter Stoffe müssten somit einerseits bereits vorhandene Daten auf Validität überprüft, andererseits Datenlücken mithilfe von Biotests geschlossen werden.