Die Düngeverordnung (DüV 2020) den Ansprüchen einer konsequenten Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie und der normativen Umsetzung der Zweckbestimmung des Düngegesetzes nicht gerecht. Die DüV basiere auch nicht auf einer von wissenschaftlicher Evidenz geprägten Spezifizierung der guten fachlichen Praxis der Düngung, sondern auf nicht bewiesenen Annahmen im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedstaaten. Deutschland setze die EU-Schutzziele nicht vollständig um. Eine weitere Anpassung der DüV 2020 sei zur vollständigen Umsetzung des europäischen Rechts erforderlich. Als Sofortmaßnahme sollte übergangsweise die Reduktion des Düngebedarfs um 20 Prozent bundesweit gelten.
Organisch-mineralische Düngung auf 130 kg N/ha absenken
Notwendig sei des Weiteren beispielsweise die zeitliche Ausdehnung von Sperrfristen der Düngung. Die organisch-mineralischen Düngung sei von derzeit pauschal 170 kg N/ha für alle Flächen auf 130 kg N/ha abzusenken und auf Grünland auf 200 kg N/ha anzuheben, um der tatsächlichen Gefährdung der jeweiligen Bodennutzung für die Gewässer zu entsprechen.
Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, sagte, das Gutachten zeige deutlich, dass die Überdüngung in der Landwirtschaft der Umwelt massiv schade. Vor diesem Hintergrund sei es dringend notwendig, dass die EU-Nitratrichtlinie endlich vollumfänglich in Deutschland umgesetzt wird. Im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedstaaten basierten die Werte der Düngeverordnung vielfach auf nicht bewiesenen Annahmen, die sich nicht auf Untersuchungen stützten. Damit drohe ein künstliches „Wegrechnen“ der tatsächlichen Grenzwertüberschreitungen.
Landwirtschaftliche Fläche in ganz Deutschland als gefährdetes Gebiet einstufen
Deutschland setzt dem Gutachten zufolge die Schutzziele flächendeckend nicht um. Da die Nitratrichtlinie zudem sämtliche Wasserkörper und somit auch die nahezu flächendeckend belasteten Fließgewässer adressiere, fordert die Studie, konsequenterweise die landwirtschaftliche Fläche in ganz Deutschland als gefährdetes Gebiet zu kennzeichnen.
Dem Gutachten zufolge muss der Abbau der Stickstoff-Überschüsse kurzfristig jährlich verdreifacht werden, auf drei Kilogramm pro Hektar und Jahr - statt bisher ein Kilogramm pro Hektar und Jahr an Minderung seit 2000 - bis 2030. Dies sei auch notwendig, um die Vorgaben der Nachhaltigkeitsstrategie Deutschland erstmals zu erfüllen. Mittelfristig werde das aber nicht reichen, denn bis 2045 stehe ein Zielwert von maximal 50 kg N/ha im Raum.
Aufhebung der AVV GeA gefordert
Neben der Düngeverordnung sind wichtige Teile des deutschen Düngerechts in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA) und der Stoffstrombilanzverordnung geregelt. Auch sie setze europäisches Recht laut Gutachten nicht ausreichend um und sollte aufgehoben werden, heißt es in der Studie. So sehe die EU-Nitratrichtlinie „die unsicheren und nur begrenzt im Detail nachvollziehbaren“ rechnerischen Modellierungen der AVV GeA nicht vor, die offensichtlich primär die Verkleinerung und nicht die tatsächliche Ausweisung gefährdeter Gebiete verfolgten, heißt es.