DWA: Hochwasservorsorge und Katastrophenschutz besser abstimmen


Solange der Mensch in der Nähe von Gewässern siedelt, würden sich Überflutungen niemals vollständig verhindern lassen; eine deutliche Reduzierung der Schäden ist nach Auffassung der DWA durch eine an den Klimawandel angepasste Hochwasservorsorge aber machbar und notwendig. Nur mit der Kombination von an intensiveren Starkniederschlägen ausgerichtetem technischen Hochwasserschutz - Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken, Deiche -, einem deutlich verstärkten Rückhalt des Wassers in der Fläche sowie einer engen Verzahnung mit dem Katastrophenschutz sei ein bestmöglicher Schutz von Menschenleben und materiellen Gütern zu erreichen.


„Versicherungslösungen dürfen kein Tabu sein“


Die DWA weist darauf hin, dass sie im letzten Jahr eine vom Technischen Hilfswerk (THW) geleitete Arbeitsgruppe zum Thema Alarm- und Einsatzpläne ins Leben gerufen hat (EUWID 12.2020). Und auch Versicherungslösungen dürften kein Tabu sein - entweder auf privater Vorsorgeebene über Elementarschadensversicherungen oder über staatliche Lösungen für besonders gefährdete Gebiete. Für Gewässer seien die überschwemmungsgefährdeten Gewässer durch Hochwasserrisikokarten bekannt, und auch für Starkregen lägen in vielen Bundesländern bereits entsprechende Karten vor.


Hauptproblem Flächenverfügbarkeit


Bei der Umsetzung von technischen Hochwasserschutzmaßnamen sowie bei der Schaffung von Raum für die Flüsse stellten Geld und Fachpersonal nach wie vor begrenzende Faktoren dar, so die DWA. Hauptproblem sei aber seit Jahren die Flächenverfügbarkeit. Dies gilt nicht nur für die Flussläufe selbst, sondern vor allem für die Einzugsgebiete der Gewässer. Je mehr Wasser im Einzugsgebiet zurückgehalten werden könne, desto geringer sei die Gefahr durch schnell stark ansteigende Pegel in den Gewässern. Der Flächenerwerb oder die Umwidmung der Flächen sei aber für die Wasserwirtschaft häufig erst nach jahrelangen Verhandlungen möglich. Hier seien Verbesserungen mit dem Vorrang der Wasserwirtschaft und damit letztendlich auch im Sinne der Belange der Anwohner in einem Hochwasserfall notwendig. „Die Wasserwirtschaft steht für diese Maßnahmen bereit. Bund und Länder müssen aber die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend gestalten“, sagte Paetzel.


Flächen in Einzugsgebieten müssen entsiegelt werden


Genauso wichtig wie mehr Raum für die Gewässer zu schaffen sei es, die Verhinderung des schnellen Abflusses der Niederschläge in die Gewässer, der Rückhalt oder die Versickerung vor Ort. Für diesen Rückhalt müsse nicht nur die immer weiter fortschreitende Versiegelung gestoppt werden, sondern allem müssten Flächen in den Einzugsgebieten entsiegelt werden. Dies gelte besonders für Verkehrs- und Siedlungsflächen. Aber auch in der Forst- und Landwirtschaft führten Monokulturen oder der Anbau unter Kunststoffplanen zu großflächigen Versiegelungen, die einen deutlich erhöhten Wasserabfluss im Starkregenfall zur Folge hätten.


Talsperren haben trotz Überlastung Pegelstände gesenkt


Trotz aller möglichen Maßnahmen in der Fläche bleiben Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken nach Auffassung der DWA äußerst wichtige Bausteine der Hochwasservorsorge. Die extremen Niederschläge der vergangenen Woche hätten in vielen Regionen die Talsperren zwar bis zum Teil über die Grenzen belastet; trotz des zeitweiligen kontrollierten Überlaufens einzelner Talsperren hätten die Talsperrenbetreiber mit ihren Talsperrensystemen die Hochwasserspitzen aber deutlich senken können.


Ersten Berechnungen zufolge habe der Ruhrverband beispielsweise mit seinen Talsperren in der Spitze über 200 m³ Wasser in der Sekunde zurückgehalten und damit für eine deutliche Minderung des Scheitelpunktes in der Ruhr gesorgt. Am Pegel Hattingen habe dadurch der Durchfluss von 1400 m³/s auf 1200 m³/s gesenkt werden können. Dies sei möglich gewesen, weil der Ruhrverband aufgrund der Wetterprognosen bereits frühzeitig mit der Entlastung der Talsperren begonnen hätte. Auch der Wupperband habe bereits am 12. Juli begonnen, Wasser aus den Talsperren abzulassen, wodurch Ende der Woche die Hochwasserwelle deutlich verlangsamt worden sei. Ohne Rückhalt in den Talsperren wäre der Pegelanstieg in der Wupper noch dramatischer gewesen, da sich die Hochwassermengen aus dem Oberlauf der Wupper und unterhalb der Wupper-Talsperre überlagert hätten. Ohne die Talsperren wäre es zu noch größeren Überflutungen gekommen, auch im Stadtgebiet Wuppertal, schreibt die DWA.


Überlaufen von Talsperren als absolute Ausnahme


Das Überlaufen von Talsperren stelle in Deutschland die absolute Ausnahme dar. Hintergrund waren laut DWA die extremen Niederschlagsmengen, die in vielen Regionen neue Rekordmarken bedeuteten. Im Einzugsgebiet der Wupper seien Regenmengen von 130 bis 160 l/m² gemessen worden. Diese Werte seien statistisch noch seltener als einmal in 1000 Jahren. Der Klimawandel verschiebe die Grenzen, statistisch bisher äußerst seltene Ereignisse würden wahrscheinlicher. Die DWA prüfe, inwieweit die Bemessungsgrenzen für wasserwirtschaftliche Anlagen an den Klimawandel angepasst werden müssen.

 

Ausbau der Kanalisation keine Lösung


Die DWA betont, dass ein Ausbau der Kanalisation zur Ableitung von Starkregen keine Lösung darstellt. In verschiedenen Medien sei die Wasserwirtschaft aufgefordert worden, Entwässerungssysteme sowie Kanalisationen an die zunehmende Intensität der Starkniederschläge anzupassen. Die Entwässerungssysteme wären dann laut DWA im Normalfall deutlich überdimensioniert. Dies würde die Entwässerung nicht nur deutlich verteuern, sondern aufgrund der zu großen Querschnitte auch zu erheblichen technischen Problemen führen.


Zudem wäre ein solcher Ausbau laut DWA auch nicht zu realisieren. Als Beispiel nennt die DWA dazu Zahlen aus Münster, wo im Juli 2014 innerhalb von sieben Stunden knapp 300 mm Niederschlag pro Quadratmeter und auf das gesamte Stadtgebiet rund 40 Mio. m³ Regen fielen. Demgegenüber habe eine Entwässerungskapazität in der Kanalisation und in den Gewässern von 1,5 Mio. m³ gestanden. Auch in den Städten müsse vor diesem Hintergrund zur Klimaanpassung Wasser in der Fläche zurückgehalten werden. Notwendig seien blau-grüne Infrastrukturen wie Entsiegelung, Dach- und Fassadenbegrünungen, multifunktionale Retentionsflächen.