„Ereignis liegt für viele Kenngrößen außerhalb jeglicher bisheriger Beobachtungen“


Die sehr hohen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit, das relativ große betroffene Gebiet und die hohen Abflussmengen kleiner und mittlerer Bäche sowie Flüsse seien extrem. Von Extremereignissen werde gesprochen, wenn eine Kenngröße wie die Niederschlagsmenge am Rande des Spektrums vergangener Messwerte liegt, beispielsweise im oberen Prozent aller jemals aufgetretenen Messwerte – oder diese überschreitet, erklärte Grams.


In der Nacht zum Donnerstag, 15. Juli 2021, gingen Regenmengen von mehr als 150 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit über Teilen von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Belgien, Luxemburg, und Nordfrankreich nieder. Besonders betroffen ist die Eifel, wo beispielsweise der Pegel der Ahr in Altenahr mit 5,75 Metern die bisherige Rekordmarke von 3,71 Metern vom Juni 2016 um mehr als zwei Meter übertraf. Durch die Flutkatastrophe wurden zahlreiche Menschen getötet und hohe Sachschäden verursacht.


Feuchtigkeit verändert die Stärke möglicher Niederschlagsereignisse


Professor Andreas Fink vom IMK-TRO hat auf die Parallelen zur Wetterlage während des historischen Elbehochwassers von 2002 verwiesen. Das Augenmerk sollte aktuell jedoch auf dem hohen Wassergehalt der Luftmasse im Kontext der Klimaerwärmung liegen. Der Wassergehalt erreichte Werte, die statistisch gesehen nur alle 40 Jahre zu erwarten sind, sagte Fink. Physikalische Gesetze besagten, dass wärmere Luftmassen mehr Wasserdampf speichern können – in etwa sieben Prozent mehr mit jedem Grad Celsius Erwärmung, erklärte Julian Quinting vom IMK-TRO. Diese Feuchtigkeit stehe dann für Niederschlag zur Verfügung und verändere die Stärke möglicher Niederschlagsereignisse. So würden auch bisher unbeobachtete Extremniederschläge möglich.


Mit mehr und stärkeren Extremereignissen zu rechnen


Nach Einschätzung der Expertinnen und Experten des KIT ist vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung generell mit mehr und stärkeren Extremereignissen zu rechnen. Dies betreffe aber nicht nur Starkregenereignisse, sondern auch Hitze- und Dürreperioden. „Wäre die derzeitige Höhenströmung einige tausend Kilometer nach Westen verschoben, würden wir jetzt eine Hitzewelle erleben wie gerade in Nordosteuropa oder bei uns in den letzten Jahren“, sagte Fink. Auch solche Hitzewellen würden vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung extremer als bisher. Außerdem sei zu vermuten, dass ortsfeste Wettermuster – wie zuletzt häufig beobachtet – durch den Klimawandel verstärkt aufträten. Das sei gegenwärtig noch Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung.