Bisher sind den Angaben zufolge nur wenige Regionen in Deutschland sehr intensiv von Hitze, Trockenheit oder Starkregen betroffen, bei einem starken Klimawandel würden aber bis Mitte des Jahrhunderts sehr viel mehr Regionen mit diesen Wirkungen konfrontiert sein. Im Westen und Süden Deutschlands würde sich das Klima am stärksten verändern, und im Südwesten und Osten würden klimatische Extreme am häufigsten vorkommen. Die Flüsse und Flusstäler könnten durch Folgen von wasserspezifischen Risiken, wie Niedrig- und Hochwasser, betroffen sein. Bei einem starken Klimawandel würde Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu heute ganz Deutschland „ein Hotspot für Risiken des Klimawandels“.
Für Menge und Qualität Veränderungen zu erwarten
Sowohl für die zur Verfügung stehende Menge an Wasser als auch dessen Qualität sind der Analyse zufolge klimawandelbedingt Veränderungen zu erwarten. Heiße und trockene Phasen minderten das Wasserdargebot im Grundwasser und in Oberflächengewässern, wodurch auch heute schon Nutzungskonflikte auftreten. Für ein pessimistisches Szenario seien besonders für das Ende des Jahrhunderts substanzielle Abnahmen der Niedrigwasserabflüsse berechnet worden. Die deutlichsten Änderungen würden für Teile des Rheins projiziert.
Extreme Hochwasserereignisse könnten weitreichende Schäden in der Land- und Fortwirtschaft sowie an Gebäuden und Infrastrukturen nach sich ziehen. Für das Klima-Szenario des Weltklimarats RCP8.5, bei dem der Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 etwa 4°C gegenüber 1986 bis 2005 beträgt, deuteten die meisten modellierten Abflüsse unabhängig vom betrachteten Hochwasserindikator auf eine Zunahme von Hochwasserabflüssen insbesondere in Regionen mit heute regendominierten Abflussregimetypen Deutschlands der Mittelgebirge und Ostdeutschlands hin, so die Analyse.
Absoluter Hochwasserschutz weder machbar noch sinnvoll
Die Ausprägung extremer und schadbringender Hochwasserereignisse unterliege vielfältigen und je nach Ereignis individuellen Einflussfaktoren, die nur teilweise für längere Zeiträume in die Zukunft projiziert werden könnten und noch Gegenstand der Forschung seien, stellt der Bericht fest. Die Bemessung von Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes wie Deiche, Rückhaltebecken oder Talsperren erfolge nach einer statistisch berechneten Wiederkehrwahrscheinlichkeit. Ein absoluter Hochwasserschutz sei weder technisch machbar noch wirtschaftlich sinnvoll. Dem Restrisiko könne mit einem integrierten Hochwasserrisikomanagement begegnet werden.
Mit Häufung und Intensivierung von Starkniederschlägen zu rechnen
Der Analyse zufolge besteht überall in Deutschland ein Risiko, dass extreme Starkniederschläge auftreten können. Statistische Analysen lassen darauf schließen, dass mit dem Anstieg der Lufttemperatur und einer erhöhten Aufnahmekapazität von Wasserdampf in der Atmosphäre mit einer Häufung und Intensivierung von konvektiven Starkniederschlägen zu rechnen ist. Vermehrte Starkregenereignisse lassen vermehrte Überlastungen der Kanalnetze und Kläranlagen erwarten.
Der Instandhaltungszustand und der Typ des Kanalnetzes sowie die Ausstattung mit dezentralen Entwässerungsinfrastrukturen entscheide darüber, in welchem Ausmaß Starkregen in Siedlungen zu Überlastungen führe. Eine regionale Differenzierung des Auftretens solcher Überlastungsfälle sei nicht möglich.
Die Leistung der Kläranlagen werde durch höhere Temperaturen in Zukunft wahrscheinlich eher gefördert. Die Einleitung des Kläranlagenablaufs bei Niedrigwasser in die Oberflächengewässer könne aber zu mehr Belastungen führen. Die Wassertemperatur ist der Studie zufolge ein Schlüsselparameter für den ökologischen Zustand von Gewässern und deren Eutrophierungsneigung. Der ökologische Zustand der Seen und Flüsse könnte sich daher mit steigender Gewässertemperatur in Zukunft weiter verschlechtern.
Steigende Temperaturen würden außerdem zu geringerer Eisbedeckung auf Flüssen und stehenden Gewässern führen, was für die Seen eine Veränderung der Durchmischungsdynamik nach sich zieht. Die chemische Wasserqualität werde von der Landnutzung, der Nutzungsintensität und der Toxizität der eingebrachten Substanzen bestimmt. Maßgeblich sei, wie stark die chemischen Substanzen verdünnt werden können. Sinke der Abfluss durch erhöhte Verdunstung aufgrund klimawandel-bedingter Erwärmung oder veränderter Niederschläge, steige die Konzentration der chemischen Substanzen.
Temperaturanstieg wirkt sich negativ auf Grundwasser aus
Weil das System Grundwasser eher träge auf Klimaänderungen reagiere, ist hier der Studie zufolge ein vorausschauendes Handeln erforderlich. Das Grundwasser sei in manchen Regionen stark durch Nitrat und Pflanzenschutzmittel belastet. Die Zunahme der Luft- und Bodentemperatur führe langfristig zu einem Temperaturanstieg des Grundwassers, was sich negativ auf seine Qualität auswirkt. Dies sei von besonderer Bedeutung für die Versorgung Trinkwasser, das zu siebzig Prozent aus dem Grundwasser gewonnen werde. Neben den Klimarisiken in Bezug auf den Grundwasserstand und die Grundwasserqualität könne auch die Qualität oberflächennaher Trinkwasserquellen durch steigende Temperaturen beeinträchtigt werden.
Keime in Trinkwasserleitungen durch Erwärmung begünstigt
Auch Keime in Trinkwasserleitungen würden durch die zu erwartende Erwärmung begünstigt und könnten die Wasserqualität verschlechtern, heißt es in der Analyse weiter. Obwohl derzeit der Anteil der bewässerten Landwirtschaftsfläche gering ist, ist die Nachfrage nach Bewässerungswasser in den letzten Jahren stetig gestiegen. Durch den Klimawandel bedingt steigen die Temperaturen und Trockenperioden werden häufiger. In der Folge wird der Bewässerungsbedarf in Zukunft spürbar steigen. Derzeit werde die überwiegende Menge an Bewässerungswasser aus dem Grundwasser bezogen.
In Verbindung mit einem gesteigerten Bedarf an Bewässerungswasser könnte eine zunehmende Konkurrenz um die Ressource Grundwasser entstehen. Nur etwa fünfundzwanzig Prozent des Produktionswassers in Deutschland werde zur industriellen Produktion genutzt, der Rest stehe zur Kühlung von Kraftwerken zur Verfügung. Da das produktionsintegrierte Abwasserrecycling immer stärker ausgebaut werde und die industrielle Produktion in Deutschland in den letzten Jahren immer weiter reduziert worden sei, hänge der zukünftige Bedarf an Produktionswasser stark an politischen Entscheidungen hinsichtlich der Weiterentwicklung der industriellen Produktion in Deutschland sowie an der Konjunktur.
Wasserbewirtschaftung bestimmt Sensitivität gegenüber Hoch- und Niedrigwasser
Für den pessimistischen Fall werden in der Studie insbesondere für den Mittel- und Niederrhein inklusive seiner Zuflüsse Mosel, Neckar, Lippe sowie Ems abnehmende Niedrigwasserabflüsse projiziert. Bezüglich der mittleren jährlichen Hochwasserabflüsse zeigten sich an den meisten Pegeln Zunahmen, die im Südwesten Deutschlands geringer ausfielen als im Osten. Regionale Unterschiede in der Sensitivität gegenüber Hoch- und Niedrigwasser ergeben sich der Studie zufolge unter anderem durch den Grad der Wasserbewirtschaftung, zum Beispiel vom Wasservolumen, das in Talsperren oder gesteuerten Seen gespeichert und gezielt abgelassen werden kann. Im Elbe-Einzugsgebiet sei der Anteil des bewirtschafteten Wasserdargebots am Gesamtdargebot besonders hoch. Für den Grundwasserstand seien in Dürrephasen auch die Entnahmen für die Beregnung relevant.
Räumliche Schwerpunktgebiete für die Bewässerung lägen derzeit hauptsächlich in Niedersachsen, in Südhessen, in Bayern, in Sachsen-Anhalt, in der Pfalz und am Oberrhein. Die erwartete Erhöhung von Grund- und Oberflächenwassertemperaturen wird der Studie zufolge besonders in Dürrephasen negative Auswirkungen auf den ökologischen Zustand der Gewässer haben. Die steigende Gewässertemperatur sei dort besonders problematisch, wo sich die Gewässergüte durch Einleitungen von Verunreinigungen oder Bodenerosion schon jetzt in einem schlechten Zustand befindet.
Starkregenereignisse in Gesetzen stärker berücksichtigen
Im Hinblick auf Anpassungsoptionen im Bereich Wasser sieht die Studie zusätzlich zu den bereits beschlossenen Anpassungsmaßnahmen des Aktionsplans Anpassung der Deutschen Anpassungsstrategie (APA III) Möglichkeiten wie etwa die stärkere Berücksichtigung von Starkregenereignissen und Sturzfluten in Gesetzen, Verordnungen und technischen Regelwerken, einheitliche Regelungen zum Wasserentnahmeentgelt oder die verstärkte Förderung und Umsetzung von multifunktionalen Flächennutzungskonzepten wie des Schwammstadtprinzips.