Gegenüber der konventionellen Bauweise habe der neuartige Deich gleich mehrere Vorteile: Er müsse nicht so breit sein, spare Fläche und Material. Außerdem erlaube die Bauweise steilere Böschungsneigungen und sei überströmungssicher, der Damm könne also nicht brechen.
Zudem müsse das Material für die Deiche nicht aufwendig transportiert werden. Das Forschungsteam nutzt den vorhandenen Boden, bereitet ihn mit Kalk auf, um ihn verarbeiten zu können und umwickelt ihn – wie mit einem Verband – dreilagig mit Filtervliesstoffen aus Polypropylen, einem Material aus dem Wasserbau. „Dadurch, dass wir den Boden einpacken, können wir quasi jeden Boden nehmen und sind nicht wie im konventionellen Deichbau darauf angewiesen, einen Boden mit besonderen Eigenschaften zu nehmen, den man teuer anliefern lassen muss“, so Projektleiter Prof. Carsten Schlötzer vom Fachbereich Bauingenieurwesen der TH OWL.
Neue Art und Weise, wie der Boden in den Schlauch kommt
Das Verpacken selbst sei eine bewährte Methode, neu sei die Art und Weise, wie der Boden in den Schlauch kommt. Dafür hat die Firma topocare eine eigene Maschine entwickelt: „Unser topomover löst technisch die Aufgabe, den Boden in den Schlauch zu bringen, indem er die Schläuche erst vor Ort automatisiert herstellt und direkt verlegt“, berichtet Geschäftsführer Simon Jegelka. Das Material für die Füllung wird durch einen Trichter in den Schlauch eingebracht, und ein Drehkranz wickelt den Schlauch immer weiter. So könne die Maschine theoretisch im Endlosbetrieb gefüllte Schläuche produzieren und ablegen – pro Stunde schaffe sie bis zu 100 Meter. „Diesen Versuchsdamm hier zu bauen, hat allerdings zwei Tage gedauert, weil man hier für die recht kurzen Schläuche immer vor und zurückfahren und sich richtig positionieren muss“, sagt Simon Jegelka. Die Zeit sei ein entscheidender Faktor, denn bei Hochwasser kommt es auf jede Stunde an.
Sensoren messen Feuchtigkeit, Wasserstand, Druck, Verformung, Setzung und Neigung der Schläuche
In dem Damm stecken zudem verschiedene Sensoren. Sie messen Feuchtigkeit, Wasserstand, Druck, Verformung, Setzung und Neigung der Schläuche. Mit Hilfe der Daten kann das Team einen digitalen Zwilling des Deichs erzeugen und so am Computer sehen, was im Deich passiert. Geplant sei, dieses Modell mit einer Simulation zu verknüpfen, mit der man verschiedene Szenarien digital durchspielen kann. Bisher begutachten Deichläufer die Deiche – allerdings nur von außen. Mit dem innovativen System aus NRW könnten die smarten Bauwerke selbst einen Alarm auslösen, wenn etwas nicht stimmt oder eine Wartung notwendig wird.
„Wir wollen nicht nur prüfen, wie man so einen Damm bauen kann, sondern auch, welche Parameter wichtig sind, wenn der Damm gebaut ist. Wenn man nur an den notwendigen Stellen Sensoren einsetzt, halten wir den Unterhaltungsaufwand für die Betreiber eines solchen Bauwerks gering“, so Projektleiter Professor Schlötzer von der TH OWL.
Aus einem alten Container hat das Team der TH OWL in seiner Versuchshalle am Kreativ Campus in Detmold einen Hochwassersimulator gebaut. Er steht vor dem Deich, eine alte Feuerwehrpumpe flutet ihn mit Wasser aus dem See des Kieswerks und dann strömt das Wasser über den Deich. Er hält, wie geplant, berichtet die TH OWL.