Urteil des BVerwG zu Erdkabel-Verlegung unterstreicht Bedeutung des Wasserschutzes


In dem behandelten Fall wandte sich die Klägerin gegen einen Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln für den Bau einer Höchstspannungsleitung, mit dem ihre Grundstücke in Anspruch genommen werden sollten. Das Vorhaben schaffe die erste direkte Stromverbindung zwischen Deutschland und Belgien und soll Netzkapazitäten für grenzüberschreitende Stromflüsse bereitstellen, so das Bundesverwaltungsgericht zum Sachverhalt.


Im Bereich des Aachener Ortsteils Driescher Hof - dort liegt das verpachtete landwirtschaftliche Anwesen der Klägerin - unterquert die Leitung die Autobahn und umgeht das bis Ende 2015 festgesetzte Wasserschutzgebiet Eicher Stollen. Dabei folgt das Kabel einem Bündel von Gasfernleitungen; im Zeitpunkt der Planfeststellung waren drei Leitungen bereits vorhanden, während die Zeelink-Gasfernleitung damals geplant wurde und mittlerweile ebenfalls errichtet ist.


Wasserschutzgebiet im Interesse der Trinkwassergewinnungsanlage Eicher Stollen festgesetzt


Das Wasserschutzgebiet sei im Interesse der Trinkwassergewinnungsanlage Eicher Stollen festgesetzt worden. Überlegungen mit dem Ziel einer deutlichen Vergrößerung insbesondere der Schutzzone II wegen der hohen Fließgeschwindigkeit des Wassers waren damals noch nicht ins Entscheidungsstadium gelangt. Deswegen erließ die Bezirksregierung Köln als Obere Wasserbehörde im Januar 2016 die Vorläufige Anordnung Eicher Stollen, die die Schutzanordnungen in deren ursprünglichen Grenzen aufrechterhalten hat. Durch die Änderungsverordnung wurde die ursprüngliche Geltungsdauer bis Ende 2019 verlängert.


Seither fehle es an Festsetzungen bzw. Anordnungen für den Schutz der Wassergewinnungsanlage; Planungen zur Neuausweisung des Wasserschutzgebiets würden allerdings weiterverfolgt. Nachdem das Gesundheitsamt der Stadt Aachen bei einer behördlichen Wasserschau im September 2017 festgestellt hatte, dass das in der Aufbereitungsanlage eingesetzte Filtermaterial nicht mehr dem Stand der Technik entspricht, haben die Stadtwerke Aachen die Wassergewinnung vorübergehend außer Betrieb genommen. Eine endgültige Aufgabe der Wassergewinnung werde in einer im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme der Oberen Wasserbehörde als sehr unwahrscheinlich eingestuft.


Kabel dauerhaft in Flurstücken der Klägerin verlegt


Die von der Klägerin verpachteten und als Grünland genutzten beiden Flurstücke, die an das ehemalige Wasserschutzgebiet angrenzen, werden im Abschnitt Kabelkilometer 35,5 bis 37,5 dauerhaft für einen Schutzstreifen von zehn Meter Breite und zeitweise für einen Arbeitsstreifen von 26,5 Meter Breite für die Verlegung in offener Bauweise in Anspruch genommen. Das Kabel wird - vom Wasserschutzgebiet aus gesehen - hinter den in den Grundstücken der Klägerin verlegten bzw. damals geplanten Gasfernleitungen platziert.


Ein zwischenzeitlich vorgesehener Muffenstandort wurde aufgrund der Einwendungen der Klägerin wieder auf ein benachbartes Grundstück verschoben, berichtet das Bundesverwaltungsgericht weiter. Im Übrigen wurden die Einwendungen der Klägerin aber zurückgewiesen: Eine Querung des Wasserschutzgebiets komme nicht in Betracht, hieß es seitens der Behörde. Die Schaffung von ober- oder unterirdischen Erdaufschlüssen in der Schutzzone II, wie mit der Bauphase einer Erdkabelleitung verbunden, sei verboten, und eine Verlegung in geschlossener Bauweise oberhalb der Wassergewinnungsanlage sei mit großen technischen Risiken behaftet, die mit der Gefahr einer Verschmutzung des Trinkwassers einhergingen. Auch andere Alternativen kämen nicht in Betracht.


Die beantragte Trasse sei darüber hinaus eindeutig vorzuziehen. Die derzeitige Verwendung der Grundstücke der Klägerin als Grünland werde nicht beeinträchtigt, und außerhalb des Schutzstreifens sei auch eine andere Nutzung möglich. Der Schutz des Trinkwasservorkommens sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zu beachten, argumentierte die Behörde.


BVerwG weist Klage ab


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen. Die Klägerin mache nicht geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss gegen zwingendes Recht verstoße und deswegen keinen Bestand haben könne, vielmehr berufe sie sich zur Begründung ihres Aufhebungsbegehrens allein auf Fehler bei der Wahl des Trassenverlaufs, führt das BVerwG aus. Ihre Grundstücke seien zu Unrecht in Anspruch genommen worden. Eine Umgehung des ehemaligen Wasserschutzgebiets Eicher Stollen sei nicht geboten; vielmehr sei eine Trassenführung, die dieses Wasserschutzgebiet in der einen oder anderen Variante durchquere, vorzugswürdig.

Mit diesen Einwendungen gegen die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Abwägung dringt die Klägerin nicht durch. Abgewogen werden darf nur zwischen Varianten, die sich auch als solche in den vom Recht gezogenen Grenzen halten – und daran gemessen sei Trassenwahl nicht zu beanstanden, heißt es in dem Urteil.


Die Planfeststellungsbehörde habe den rechtlichen Rahmen für die Abwägung auch zutreffend erfasst. Der Schutz der Wassergewinnungsanlage durch die Vorläufige Anordnung Eicher Stollen vom 14. Januar 2016 sei dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde zu legen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verordnung bestünden nicht.


Von Klägerin vorgestellte Alternative nicht planfeststellungsfähig


Die von der Klägerin als Alternative vorgestellte Verlegung des Kabels in einem aufzuschüttenden Erdwall sei nach den hier maßgeblichen Vorgaben des Bundesbedarfsplangesetzes nicht planfeststellungsfähig, denn es handle sich weder um ein nach vorrangig zu errichtendes Erdkabel im Sinne dieses Gesetzes noch um eine im Ausnahmefall zulässige Freileitung. Darüber hinaus steht das fernstraßenrechtliche Anbauverbot dieser Trassenvariante entgegen.


Entgegen der Ansicht der Klägerin sei dieses Verbot die Schaffung und Erweiterung von ober- oder unterirdischen Erdaufschlüssen in der Schutzzone II nicht etwa deswegen unverhältnismäßig oder einer einschränkenden Auslegung zugänglich und bedürftig, weil der Regelung in der Verordnung eine abweichende und durch sachliche Unterschiede nicht zu rechtfertigende Gefahreneinschätzung zugrunde liege.


Nach dieser Vorschrift sind, soweit nicht nach § 3 Abs. 1 VO verboten, die Schaffung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen, die der Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung dienen, genehmigungspflichtig. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Wasserbehörde die Erneuerung einer in der Schutzzone II verlegten, der örtlichen Wasserversorgung dienenden Wasserleitung genehmigt habe, ergibt sich daraus kein rechtlich beachtlicher Widerspruch zur Behandlung des Erdkabels.


Unterschiedliche rechtliche Einordnung der Trinkwasserleitung vertretbar


Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ist eine unterschiedliche rechtliche Einordnung des Erdkabels, das der überregionalen Stromübertragung dient, und der für die örtliche Wasserversorgung benötigten Trinkwasserleitung sei bei der gebotenen generalisierenden und typisierenden Regelung ohne Weiteres nachvollziehbar und rechtlich zu vertreten. Dabei gehe es nicht allein um das jeweilige Gefährdungspotenzial, sondern auch um die Möglichkeiten, dieses zu vermeiden oder zu minimieren. Die Erschließung von im Wasserschutzgebiet gelegenen Anwesen setze die Verlegung von Wasserleitungen im Wasserschutzgebiet aber voraus. Diese Überlegung sei auch im Rahmen der Entscheidung über eine Ausnahme von maßgeblichem Gewicht.


Auf Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts kann verzichtet werden


Das damit zu beachtende Verbot stehe nicht unter dem Vorbehalt einer im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachzuweisenden Gefahr wie insbesondere durch eine Verkeimung des Wassers. Das Verbot diene vielmehr der Abwehr einer abstrakten Gefahr, die nach einer generell-abstrakten Betrachtungsweise auf typische Fallkonstellationen bezogen ist, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, dieser Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also mit einem Rechtssatz, zu begegnen; auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall könne dann verzichtet werden.


Weiterreichender Schutzzweck hätte sich nicht erledigt


Wie das Bundesverwaltungsgericht weiter ausführt, beruft sich die Klägerin ebenfalls ohne Erfolg darauf, dass die Trinkwassergewinnung aus dem Eicher Stollen jedenfalls zeitweise eingestellt worden ist und die Bauarbeiten deswegen - auch unter Beachtung der für Verlegungsarbeiten in der Schutzzone III eines anderen Wasserschutzgebiets angeordneten Schutzvorkehrungen - gefahrlos ausgeführt werden könnten. Von dem einmal verlegten Kabel gingen keine nennenswerten Gefahren aus.


Dem hält das Urteil entgegen, dass selbst wenn die Verlegung in einem Zeitraum erfolgen könnte, in dem auch unter Beachtung eines angemessenen nachlaufenden zeitlichen Puffers eine Beeinträchtigung der Trinkwassergewinnung nicht gefährdet wäre, sich damit der weiterreichende Schutzzweck der ordnungsbehördlichen Verordnung nicht erledigt hätte. Denn bei einem verlegten Kabel, das als solches für die Grundwasserqualität unbedenklich sein mag, sei bei längeren Zeithorizonten, die die Verordnung wegen ihrer Zielrichtung der Sicherung der Festsetzung eines endgültigen Wasserschutzgebiets in den Blick zu nehmen habe, auch eine bei einem Defekt gegebenenfalls erforderliche Freilegung der Leitung zur Fehlerortung und -behebung mit den damit verbundenen Gefahren zu bedenken.


Freihaltung der Grundstücke nicht von überragendem Gewicht


Demgegenüber könnte die Unterfahrung der Wassergewinnungsanlage und ihres Einzugsgebiets in einer Tiefe, die jegliche hydraulische Verbindung der Bohrstrecke mit dem Grundwasserleiter ausschließt, im Wege einer Befreiung zugelassen werden; denn der Schutzzweck der Verordnung und eines später festzusetzenden Wasserschutzgebiets bliebe davon unberührt. Eine solche Trassenvariante musste sich der Planfeststellungsbehörde jedoch wegen der damit verbundenen technischen Unwägbarkeiten einer Bohrung angesichts der schwierigen geologischen Verhältnisse in einer klüftigen und zerrissenen Kalksteinbank nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen, stellt das BVerwG fest.


Dies gelte ungeachtet der Belastung der Klägerin durch die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke, die dann erforderlich ist. Dem Urteil zufolge ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, wenn der Planfeststellungsbeschluss darauf abstellt, dass das Interesse der Klägerin an der Freihaltung ihrer Grundstücke nicht von überragendem Gewicht ist wegen der Vorbelastung durch das bereits vorhandene Gasleitungsbündel sowie des Umstands, dass die derzeitige Nutzung als Grünland nicht beeinträchtigt wird und selbst bei einer späteren Bebauung die dafür nutzbare Grundstücksfläche weiterhin gegeben sei ist.