Der Kommission zufolge ist im Vergleich zur Situation vor Annahme der Nitrat-Richtlinie im Jahr 1991 in der EU die Nitratkonzentration sowohl in den Oberflächengewässern als auch im Grundwasser zurückgegangen. Aus dem neuen Bericht geht jedoch hervor, dass in den letzten zehn Jahren nur noch minimale Fortschritte erzielt wurden. Die Nährstoffbelastung durch die Landwirtschaft sei für viele Mitgliedstaaten nach wie vor ein ernstes Problem.
Bei 14,1 Prozent des Grundwassers Grenzwert für Nitrat überschritten
Im Zeitraum 2016 bis 2019 sei bei 14,1 Prozent des Grundwassers der für Trinkwasser festgelegte Grenzwert für die Nitratkonzentration immer noch überschritten worden. Den Untersuchungsergebnissen zufolge zählen zu den in der EU als eutroph gemeldeten Gewässern 81 Prozent der Meeresgewässer, 31 Prozent der Küstengewässer, 36 Prozent der Flüsse und 32 Prozent der Seen.
Die Kommission kündigte an, Maßnahmen zu ergreifen, damit die Anforderungen der Nitrat-Richtlinie besser eingehalten werden. Dies ist eine Voraussetzung für das Erreichen des Ziels des europäischen Grünen Deals, bis 2030 die Nährstoffverluste um mindestens die Hälfte zu reduzieren, wie es im Rahmen des europäischen Grünen Deals festgelegt wurde. Dies erfordere aber verstärkte Anstrengungen in den meisten Mitgliedstaaten auf nationaler und regionaler Ebene.
Die Kommission werde 2022 einen Aktionsplan für integriertes Nährstoffmanagement ausarbeiten, der auf dem Schadstofffreiheit-Aktionsplan aufbaue, heißt es in dem Bericht. Dies werde zur Koordinierung der Bemühungen beitragen und darauf abzielen, die Nährstoffbelastung an der Quelle anzugehen, die Verringerung der Nährstoffbelastung zu ermitteln, die für die Erreichung der Ziele des europäischen Grünen Deals in Bezug auf Nährstoffe erforderlich ist, die Märkte für sichere und nachhaltige zurückgewonnene Nährstoffe anzuregen und die Nachhaltigkeit des Tierhaltungssektors zu erhöhen.
Gewässersanierung positiv für Trinkwasserversorgung
Eine übermäßig hohe Nitratkonzentration in Gewässern wirke sich schädlich auf die menschliche Gesundheit und auf Ökosysteme aus, da sie Sauerstoffmangel und Eutrophierung verursacht. Dort, wo die nationalen Behörden und Landwirte Gewässer saniert hätten, hatte dies den Angaben zufolge positive Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung und die biologische Vielfalt, aber auch auf Wirtschaftsbereiche, die hiervon abhängen, wie etwa die Fischerei und den Tourismus.
Tempo der Veränderung reicht nicht aus
Virginijus Sinkevičius, der Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, erklärte dazu, dass sich mit der Umsetzung der Nitrat-Richtlinie die Wasserqualität in der EU in den vergangenen 30 Jahren insgesamt zweifellos verbessert habe. Das ernsthafte Bemühen um Umstellung auf nachhaltige Methoden habe sich auszahlt. Allerdings reiche das derzeitige Tempo der Veränderung nicht aus, um Schädigungen der menschlichen Gesundheit zu verhindern und empfindliche Ökosysteme zu bewahren. „Im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal sind nun dringend weitere Maßnahmen erforderlich, damit wir zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gelangen und unsere Versorgung mit wertvollem Trinkwasser schützen können“, sagte Sinkevičius.
Deutschland vor den größten Herausforderungen
Insgesamt habe sich die Qualität der nationalen Aktionsprogramme verbessert, aber die bestehenden Maßnahmen bei der Bekämpfung der Verschmutzung in Gebieten, in denen die Belastung durch die Landwirtschaft zugenommen hat, seien in vielen Fällen nicht wirksam genug. Die Folgen des Klimawandels müssten bei den Anstrengungen zur Verringerung der Nitratbelastung auch auf nationaler Ebene stärker berücksichtigt werden.
Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Lettland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Spanien, die Tschechische Republik und Ungarn stünden vor den größten Herausforderungen bei den Anstrengungen zur Verringerung der Nährstoffbelastung durch die Landwirtschaft. In Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Portugal, Rumänien und Zypern gebe es ebenfalls Brennpunkte, an denen die Belastung dringend angegangen werden müsse.
Erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen im Hinblick auf die Wasseraufbereitung
Dem Bericht zufolge geht etwa die Hälfte des in Europa ausgebrachten Stickstoffs in Düngemitteln und Dung an die Umgebung, in der sie eingesetzt werden, verloren. Wirtschaftlich gesehen bedeute dies für die Landwirte potenzielle Ertragsausfälle in Höhe von etwa 13 Mrd. bis 65 Mrd. Euro pro Jahr. Nitrate gefährdeten die menschliche Gesundheit insbesondere, wenn sie ins Trinkwasser gelangen. Dies habe auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen im Hinblick auf die Wasseraufbereitung für den menschlichen Verzehr und im Hinblick auf die Bevölkerung vor Ort, die von Wirtschaftsbereichen, die von verschmutzten Gewässern betroffen sind, abhängig ist. Die Höhe der ökologischen Kosten aller Verluste reaktiven Stickstoffs in Europa wird auf insgesamt 70 Mrd. bis 320 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Sie gingen weit über die Kosten der Verringerung der Wasserbelastung dort, wo sie entsteht, hinaus.
Eutrophierung bei Ausweisung verunreinigter Gebiete nicht ausreichend berücksichtigt
Im Hinblick auf die Oberflächengewässer heißt es in dem Bericht, dass auf EU-Ebene 36 Prozent der Flüsse und 32 Prozent der Seen, 31 Prozent der Küstengewässer und 32 Prozent der Übergangsgewässer sowie 81 Prozent der Meeresgewässer als eutroph gemeldet worden seien - Nitrat und Phosphor in Oberflächengewässern können zu Eutrophierung führen, d. h. zu einer Sauerstoffverknappung durch eine Algenblüte. Zwischen den Zeiträumen 2012 bis 2015 und 2016 bis 2019 habe die Gesamtfläche der gefährdeten Gebiete - einschließlich der Mitgliedstaaten, die ihre Maßnahmen in ihrem gesamten Hoheitsgebiet anwenden - um 14,4 Prozent zugenommen.
Aus den von den Mitgliedstaaten gemeldeten Wasserqualitätsdaten gehe jedoch hervor, dass es Gebiete mit Wasserverunreinigung oder potenzieller Verunreinigung gibt, die nicht unter die gefährdeten Gebiete fallen. Bulgarien, Estland, Lettland, Portugal, Spanien und Zypern hätten eine sehr große Zahl von Hotspots, die nicht als gefährdete Gebiete erfasst seien.
In einigen Mitgliedstaaten, wie Bulgarien, Italien, der Slowakei, Spanien und Ungarn, handle es sich bei den gefährdeten Gebieten mitunter nur um sehr begrenzte Gebiete, die nicht das ganze Wassereinzugsgebiet berücksichtigen, was zu einer sehr fragmentierten Ausweisung und einer verminderten Effizienz der Aktionsprogramme führe.
Dem Bericht zufolge wird die Eutrophierung trotz der gesetzlichen Vorgaben bei der Bestimmung und Ausweisung verunreinigter Gebiete nicht ausreichend berücksichtigt. Die Kommission erwarte, dass alle Mitgliedstaaten diesen Mangel dringend beheben, um eine angemessene und wirksame Ausweisung von gefährdeten Gebieten zu gewährleisten.