Klimarisiken: Vorrangig gewässernahe oder in engen Tälern gelegene Siedlungen betroffen


Maßnahmen zur vorsorgeorientierten Anpassung an Extremereignisse müssten überwiegend vor Ort erfolgen, so dass hier die Strategien und Maßnahmen der jeweiligen Länder bzw. Kommunen einschlägig sind. Die Bundesregierung könne diese regionalen und lokalen Maßnahmen unterstützen und flankieren. Dazu zählten beispielsweise Daueraufgaben wie das Monitoring meteorologischer Extremereignisse durch den Deutschen Wetterdienst sowie Forschungsvorhaben wie etwa die „Klassifizierung meteorologischer Extremereignisse zur Risikovorsorge gegenüber Starkregen“.


Eine flächendeckende Auswertung aller Stark- und Dauerregenereignisse in Deutschland sei nur für den Zeitraum der radargestützten Niederschlagsüberwachung seit dem Jahr 2001 möglich. Aufgrund der hohen zeitlichen Variabilität sowie der nur 20 Jahre langen Zeitreihe lassen sich der Bundesregierung zufolge keine statistisch belastbaren Rückschlüsse auf eine Veränderung der Anzahl beobachteter Starkregen- und Dauerregenereignisse ziehen.


Erkennbarer Zusammenhang zwischen einstündigen Niederschlagsextremen und Temperatur


Klimaprojektionen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zeigten aber, dass für die Zukunft auch in Deutschland damit zu rechnen sei, dass die Auftrittswahrscheinlichkeit von Starkniederschlagsereignissen zunehmen werde. In welchem Maße das Risiko von Extremniederschlägen mit jedem Zehntelgrad Erwärmung steige, lasse sich dagegen nicht beziffern.

Auf Basis eines allerdings zeitlich begrenzten Kollektivs von Beobachtungsdaten ergebe sich nach Analysen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ein erkennbarer Zusammenhang zwischen einstündigen Niederschlagsextremen und der Temperatur für Deutschland. Danach seien diese Ereignisse im Zeitraum der Jahre 2000 bis 2012 mit den steigenden Temperaturen sowohl deutlich großflächiger als auch etwas intensiver geworden. Dadurch bildeten sie auch einen höheren Gesamtniederschlag je Ereignis aus. Konkrete Zahlenwerte ließen sich aus diesen Untersuchungen allerdings nicht ableiten.


Starkregenrisikokarten sollen erstellt werden


Die Bundesregierung hält es nach eigenen Angaben für erforderlich, Starkregenrisikokarten nach einheitlichen Standards zu erstellen. Im Entwurf der Nationalen Wasserstrategie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) werde ein Leitfaden für Mindeststandards zur Erstellung von Gefahren- und Risikokarten für lokale Starkregenereignisse vorgeschlagen, der entwickelt und bereitgestellt werden soll.


Damit werde eine Vereinheitlichung angestrebt, hingewirkt werden, denn die Karten seien Grundlage kommunaler Planungen. Sie dienten der Risikoinformation für Planer und Planerinnen, Gebäudeeigentümern und Einsatzkräften und damit einer verbesserten Klimafolgenvorsorge. Die Bundesregierung prüft nach eigenen Angaben auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der aktuellen Flutkatastrophe, ob mit Blick auf die Erstellung von Starkregenkarten gegebenenfalls eine Anpassung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) erfolgen sollte.


Verfahren zur Schadenserfassung durch Extremwetter in Arbeit


Derzeit entwickle das Umweltbundesamt (UBA) im Rahmen der Ressortforschung unter dem Stichwort „Klimaschadenskataster“ ein Verfahren, um Schäden und Kosten des Klimawandels in Deutschland besser erfassen zu können, heißt es in der Antwort weiter. Es sei beabsichtigt, eine pragmatische Methodik zu erstellen, um Schäden und Kosten durch extreme Wettereignisse, die zukünftig bedingt durch den Klimawandel häufiger oder intensiver auftreten können, systematisch und möglichst zeitnah erfassen bzw. abschätzen zu können. Die Ergebnisse würden für Anfang des Jahres 2024 erwartet und durch das UBA veröffentlicht.


Renaturierte Auen von über 20.000 Hektar sollen geschaffen werden


Im Hinblick auf die getroffenen Hochwasserschutz-Maßnahmen heißt es in der Antwort, dass das Nationale Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) inzwischen über 30 Maßnahmen bzw. Maßnahmenverbunde zur Deichrückverlegung und über 60 Maßnahmen bzw. Maßnahmenverbunde zur gesteuerten Hochwasserrückhaltung – also im Wesentlichen Flutpolder – sowie 16 Maßnahmen bzw. Maßnahmenverbunde zur Beseitigung von Schwachstellen umfasse. Insgesamt seien dies mehr als 230 Einzel- und Teilmaßnahmen an Donau, Elbe, Oder, Rhein und Weser. Durch die Umsetzung des Nationalen Hochwasserschutzprogramms sollten renaturierte Auen mit einer Fläche von weit mehr als 20.000 Hektar sowie mehr als 1.200 Millionen Kubikmeter zusätzliches Rückhaltevolumen durch steuerbare Polder geschaffen werden. Das Kostenvolumen des Programms in den kommenden 20 Jahren werde auf über 5,5 Mrd. Euro geschätzt.


Jährlich 100 Mio. Euro für mehr Raum für die Flüsse


Für Maßnahmen, die Teil des NHWSP sind und den Flüssen mehr Raum geben, wie Deichrückverlegungen, steuerbare Flutpolder sowie damit zusammenhängende konzeptionelle Vorarbeiten, stelle der Bund den Ländern über den im Jahr 2015 eingerichteten Sonderrahmenplan „Präventiver Hochwasserschutz“ im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) seit dem Jahr 2016 jährlich 100 Mio. Euro zur Verfügung. Die Entscheidung über die Fortführung der Förderung treffe der Bundestag im Rahmen der jährlichen Haushaltsaufstellung. Der Bund beteilige sich an der Finanzierung von Maßnahmen des präventiven Hochwasserschutzes zu 60 Prozent der Ausgaben der Länder. Für die Auswahl, Planung und Durchführung einzelner Projekte seien die Länder allein zuständig.


Ausnahme beim Bau in Überschwemmungsgebieten wird überprüft


Zum Umsetzungsstand der raumgebenden Maßnahmen des NHWSP lasse sich zusammenfassend sagen, dass rund 42 Prozent der Maßnahmen noch in der Konzeptionsphase sind, rund 25 Prozent in der Vorplanung, rund 16 Prozent in der Genehmigungs- oder Vergabephase und rund 12 Prozent in der Bauphase. Bei rund fünf Prozent der Maßnahmen sei die Bauphase abgeschlossen.


Ob und inwieweit unter dem Eindruck der jüngsten Überschwemmungen die Vorschrift über Ausnahmen bei den Beschränkungen von Neubauten in Überschwemmungsgebieten nach dem § 78 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) anzupassen ist, wird von der Bundesregierung der Antwort zufolge geprüft.