P-Rückgewinnung: Kläranlagenbetreiber in NRW sollten Zugang zu Anlagen zeitnah sicherstellen


Ziel des Projektes war es, den Aufbau einer geeigneten Infrastruktur für die P-Rückgewinnung in NRW zu unterstützen und somit die Anforderungen der novellierten Klärschlammverordnung frühzeitig umzusetzen. Für die betroffenen Betreiber von Kläranlagen, von Klärschlammverbrennungsanlagen und von Mitverbrennungsanlagen sowie für die Technologieanbieter für eine P-Rückgewinnung und die Düngemittelindustrie sollte außerdem Transparenz hinsichtlich der relevanten Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Schwerpunkt lag dabei auf den technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten für eine sichere Entsorgung der Klärschlämme, heißt es im Abschlussbericht. Auftragnehmer und Bearbeiter des Projektes waren die Sweco GmbH als Konsortialführerin, die Deutsche Phosphor-Plattform (DPP), die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), Fraunhofer ISI, talanwälte und ATEMIS.


P-Rückgewinnungsverfahren in der „flüssigen Phase“ unterliegen dem Wasserrecht


Der Abschlussbericht stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die P-Rückgewinnung dar. Demnach ist sie eine abfallrechtliche Pflicht. P-Rückgewinnungsverfahren in der „flüssigen Phase“ auf der Kläranlage unterlägen hingegen dem Wasserrecht, das keine Phosphorrückgewinnungspflicht vorsehe. Die P-Rückgewinnung aus dem Abfall Klärschlamm oder aus Klärschlammverbrennungsaschen sei rechtlich gleichwertig.


Klärschlämme, die der P-Rückgewinnung unterliegen, dürfen untereinander nur vermischt werden, wenn sie vor der Vermischung einen Phosphorgehalt von 20 g/kg oder mehr je Kilogramm Trockenmasse aufweisen, rufen die Autoren des Berichts in Erinnerung. Klärschlammverbrennungsaschen aus Klärschlammverbrennungsanlagen dürfen in einem Langzeitlager mit Aschen aus der Klärschlammmitverbrennungsanlage gemeinsam gelagert werden. Eine Vermischung der Aschen mit anderen Abfällen oder Stoffen im Langzeitlager sei dagegen grundsätzlich unzulässig.


Klärschlammerzeuger stehen am Anfang einer Kette von vielen an der Entsorgung und Phosphorrückgewinnung Beteiligten, stellen die Autoren fest. Ihre abfallrechtliche Pflicht, Klärschlamm einer P-Rückgewinnung zuzuführen, sei eine erfolgsgerichtete Pflicht, für deren Erfolgseintritt die Klärschlammerzeuger haften. Daraus erwüchsen besondere Pflichten bei der Auswahl der weiteren Beteiligten und für die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit der vorgesehenen Entsorgung.


Gebührenfinanzierung der P-Rückgewinnung aus der „flüssigen Phase“ nicht möglich


Die P-Rückgewinnung aus der flüssigen Phase kann nicht über Gebühren finanziert werden, heißt es im Bericht weiter. Das hier anwendbare Wasserrecht sehe keine P-Rückgewinnungspflicht vor. Dagegen seien die Kosten der P-Rückgewinnung aus dem Abfall Klärschlamm sowie aus den Aschen als betriebsbedingte Kosten gebührenfähig, sofern die Schlämme der P-Rückgewinnungspflicht unterliegen. Das könne grundsätzlich auch Kosten der Langzeitlagerung umfassen.


Kosten, die bereits vor 2029 und damit vor dem Beginn der Pflicht zur P-Rückgewinnung anfallen, können in Teilen gebührenfähig sein, geht aus dem Abschlussbericht weiter hervor. Dazu gehören etwa Kosten im Zusammenhang mit der für 2023 geltenden Berichtspflicht der Klärschlammerzeuger, aber auch Prüfungen in den Bereichen Organisation und Investition. Nicht vor 2029 gebührenfähig seien Kosten für Planung und Herstellung von Anlagen, sofern sie Herstellungs- und Anschaffungskosten sind. Sie können erst ab Inbetriebnahme der Anlagen angesetzt werden.


Besondere Herausforderungen würden an die Planung gestellt: Kapazitätsreserven sind gebührenfähig, Überkapazitäten nicht, machen die Autoren deutlich. Eine Finanzierung über Sonderabgaben scheitere an hierfür entwickelten engen, finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Eine Umlagefinanzierung entsprechend der EEG-Umlage sei aber möglich.


Den Kommunen stehen öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Kooperationsformen zur Verfügung, um die Vorgaben der Klärschlammverordnung gemeinsam zu erfüllen, heißt es weiter. Unter den öffentlich-rechtlichen Kooperationsformen wird das Gemeinsame Kommunalunternehmen favorisiert, das der GmbH nachgebildet ist, die wiederum die favorisierte privatrechtliche Organisationsform ist.


Interkommunale Zusammenarbeit: Vermeidung der Ausschreibung
sollte nicht im Vordergrund stehen


Eine interkommunale Zusammenarbeit unterliege grundsätzlich dem Vergaberecht. Es ist im Rahmen der Ermittlung, wer wie mit wem kooperiert, zwingend zu prüfen, betonen die Autoren. Dabei sollte allerdings nicht die Vermeidung der Ausschreibung im Vordergrund stehen, sondern in welchem Rahmen und mit welcher Kooperationsform die Beteiligten langfristig am besten ihre Ziele erreichen.


In NRW müssen den Angaben zufolge 77 Kläranlagen der GK 4b und 71 Kläranlagen der GK 5 nach 2032 bzw. 2029 der P-Rückgewinnungspflicht nachkommen. Bislang hätten sich viele Wasserverbände und verbandsfreie Kläranlagen zu Kooperationen zusammengeschlossen, um ein gemeinsames Entsorgungskonzept zu verfolgen. Diese sähen oft die thermische Vorbehandlung des Klärschlamms in Mono-Klärschlammverbrennungsanlagen mit einer anschließenden P-Rückgewinnung aus der Asche vor. 28 Kläranlagen der GK 4b und GK 5 gehörten bisher weder zu einer Klärschlammkooperation noch zu einem Wasserverband und verfügten noch nicht über ein klares P-Rückgewinnungskonzept.


Im Bericht werden elf Verfahren zur P-Rückgewinnung näher betrachtet, die im Hinblick auf einer Realisierung bis 2029 technisch und wirtschaftlich am erfolgversprechendsten erscheinen. Alle betrachteten Verfahren hätten einen ausreichenden Entwicklungsstand, um technisch für eine Umsetzung im Jahr 2029 in Frage zu kommen. Eine Umsetzung scheine auch aus wirtschaftlicher Sicht für alle Verfahren realistisch, da die zusätzlichen Kosten nur einen geringen Anteil der Abwassergebühren, und zwar weniger als fünf Prozent, ausmachen würden.


Viele Klärschlammverbrennungsanlagen in NRW in Planung


Schon heute befinden sich so viele Klärschlammverbrennungsanlagen in der Planung, dass ein Großteil des in NRW anfallenden Klärschlamms in NRW unabhängig von der Kläranlagengröße in Klärschlammverbrennungsanlagen monoverbrannt und Phosphor aus der Asche zurückgewonnen werden könnte, heißt es im Bericht weiter. Die P-Rückgewinnung aus der Asche im Anschluss einer Verbrennung würde sich stärker ausprägen, wenn es gelänge, die Asche aus der Mitverbrennung des Klärschlamms mit aschearmer Kohle in Kohlekraftwerken als Phosphorquelle nutzbar zu machen. Im Vergleich dazu seien die Rahmenbedingungen für eine P-Rückgewinnung aus Faulschlamm auf Kläranlagen in NRW mit knapp über zehn Prozent des anfallenden Klärschlamms gegeben.


Der Bericht nimmt anhand der Szenarien „Monoverbrennung aller Klärschlämme“, „Einbeziehung der Klärschlamm-Mitverbrennung in Kohlekraftwerken“ und „Phosphorrückgewinnung auf der Kläranlage“ eine Abschätzung der Investitions- und Betriebskosten der neu zu errichtenden Anlagen in NRW vor. Diese umfassen die Behandlungsstufen von der Trocknung des entwässerten Klärschlamms bis zu dessen Entsorgung, gegebenenfalls auch als Asche, und beziehen sich auf die thermischen Verfahren Klärschlammtrocknung und -verbrennung sowie auf die P-Rückgewinnung.


Bei Monoverbrennung aller Schlämme in NRW sind weitere Anlagen mit einer Kapazität von 188.000 Tonnen TM/a erforderlich


Wenn alle Klärschlämme in NRW einer Monoverbrennung zugeführt werden sollen, werden die Bestandsanlagen, die nach dem Jahr 2029 betrieben werden sollen, eine Kapazität von knapp 183.000 Tonnen Trockenmasse pro Jahr (TM/a) haben, ist im Abschlussbericht weiter zu lesen. Um den Gesamtentsorgungsbedarf in NRW abdecken zu können, müssten weitere Anlagen mit einer Kapazität von rund 188.000 Tonnen TM/a errichtet werden. Die Jahreskosten für die neuen Anlagen inklusive P-Rückgewinnung summieren sich auf 72 bis 135 Mio. Euro pro Jahr für NRW.


Hinsichtlich der Klärschlamm-Mitverbrennung in Kohlekraftwerken ab 2029 ist den Autoren zufolge zum heutigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, welche Kapazitäten dann zur Verfügung stehen. Es sei zu erwarten, dass die Kosten einer P-Rückgewinnung aus der Mischasche der Kohle und des Klärschlamms stark vom Aschegehalt der mitverbrannten Kohle abhängen. Der Bericht geht davon aus, dass rund 47.000 Tonnen TM/a der in NRW anfallenden Klärschlämme ab dem Jahr 2029 in Kohleveredelungsanlagen mitverbrannt werden. In diesem Fall lägen die Kosten zwischen 56 bis 121 Mio. Euro pro Jahr. Sollte die mitverbrannte Klärschlammmenge aus NRW weiterhin wie im Jahr 2018 bleiben, fallen Kosten in Höhe von 41 bis 109 Mio. Euro pro Jahr an.


Generell könne die P-Rückgewinnung aus der Klärschlammmitverbrennungsasche von Kohlekraftwerken oder Kohleveredelungsanlagen wirtschaftlich eine vielversprechende Alternative darstellen, betonen die Autoren. Angesichts der Unsicherheit der Kläranlagenbetreiber darüber, ob und unter welchen Bedingungen dies der Fall sei, fehle bislang allerdings der Nachweis der großtechnischen Umsetzbarkeit seitens der Mitverbrennungsanlagenbetreiber.


Das Szenario „P-Rückgewinnung auf der Kläranlage“ berücksichtigt die Kläranlagen, die sich nicht im Gebiet eines Wasserverbands befinden und für die derzeit nicht bekannt ist, ob sie die direkten klärschlammbasierten P-Rückgewinnungsverfahren einsetzen. Die Kosten beziffert der Bericht ähnlich wie beim Szenario „Monoverbrennung aller Klärschlämme“ auf 70,5 bis 135 Mio. Euro und Jahr. Rund 34.000 Tonnen TM/a Klärschlamm dieser Kläranlagen, die derzeit nicht verbrannt werden, müssten jedoch im Anschluss zur P-Rückgewinnung auf der Kläranlage für weitere 2,4 Mio. Euro pro Jahr thermisch entsorgt werden.


P-Rückgewinnung auf der Kläranlage
als Option für Kläranlagenbetreiber


Wenn auf einer Kläranlage aus betrieblichen Gründen sowieso eine Reduktion des Phosphor-Gehaltes im Schlamm sinnvoll ist oder ortsnah eine kostengünstige Mitverbrennungsgelegenheit für den phosphorabgereicherten Klärschlamm zur Verfügung steht, sollten Kläranlagenbetreiber eine P-Rückgewinnung auf der Kläranlage in Betracht ziehen, lautet eine weitere Empfehlung der Autoren. Da der Klärschlammerzeuger bis zum Abschluss der P-Rückgewinnung und bis zur ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung der anfallenden Abfälle verantwortlich bleibe, sollte die Qualitätssicherung für Klärschlamm um den Aspekt der P-Rückgewinnung erweitert werden.


Der Abschlussbericht weist darauf hin, dass in Anbetracht aller Kosten die Langzeitlagerung von Klärschlammasche mit anschließender P-Rückgewinnung mit höheren Kosten verbunden sein kann als die direkte P-Rückgewinnung. Deswegen und weil die Umlage dieser Mehrkosten auf die Abwassergebühren problematisch sei, sollte die Option der Langzeitlagerung einer sorgfältigen Kosten-Nutzen-Abwägung unterzogen werden, empfehlen die Autoren.