Zu den Neuerungen der Trinkwasserrichtlinie zählen neben einer Absenkung bereits existierender Parameterwerte sowie der Einführung gänzlich neuer Parameter unter anderem Vorgaben zur verpflichtenden Anwendung eines risikobasierten Ansatzes für sicheres Wasser, erklärt das BMG. Neu seien zudem die umfassenden hygienischen Anforderungen an Materialien und Werkstoffe, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Berührung kommen, die verpflichtende Prüfung der Durchführbarkeit von Maßnahmen zum Austausch von aus Blei gefertigten Bestandteilen in bestehenden Trinkwasserinstallationen und erweiterte Informationspflichten für die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen gegenüber der Öffentlichkeit.
Zum einen werden durch die Trinkwasserrichtlinie Parameter festgelegt, die in Deutschland größtenteils schon in der TrinkwV durch Grenzwerte geregelt sind. Als Beispiel hierfür nennt das BMG in der Begründung zum Verordnungsentwurf die Desinfektionsnebenprodukte Chlorit und Chlorat, das Schwermetall Uran sowie die in Warmwassersystemen auftretenden Krankheitserreger Legionella spec. Zum anderen sehe die Richtlinie auch für Deutschland neue Parameter vor, zum Beispiel Microcystin-LR, eine von Blaualgen produzierte toxische Substanz, und für hormonell wirkende Stoffe wie Bisphenol A. Ebenfalls neu sei der Grenzwert für Poly- und perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Ferner werden durch den Verordnungsentwurf einige der bereits trinkwasserrechtlich geregelten Parameter durch eine Senkung der nationalen Grenzwerte an den wissenschaftlichen Fortschritt angepasst. Dies gilt etwa für Chrom, Arsen und Blei.
Die in der geltenden TrinkwV bereits existierenden hygienischen Anforderungen an Materialien im Kontakt mit Trinkwasser werden durch die Trinkwasserrichtlinie nun auch für andere EU-Mitgliedstaaten verbindlich eingeführt, heißt es in der Begründung zum Verordnungsentwurf weiter. Darüber würden auch Handelshemmnisse und überflüssige Prüfkosten für die Hersteller von Produkten beseitigt, die aus Werkstoffen oder Materialien gefertigt sind, die in Kontakt mit Trinkwasser kommen.
Bleileitungen müssen entfernt oder stillgelegt werden
Beim Thema Trinkwasserleitungen aus dem Werkstoff Blei verweist das BMG auf die möglichen Gesundheitsgefährdungen, die von diesen noch immer in Wasserversorgungsanlagen verbauten Leitungen ausgehen. Deshalb müssen sie innerhalb einer bestimmten Frist entfernt oder stillgelegt werden. Durch die Einräumung der Frist und von Ausnahme- und Härtefallregelungen fänden die Belange der Betreiber von betroffenen Wasserversorgungsanlagen ausreichend Berücksichtigung, ohne dabei die Erreichung des Regelungsziels zu gefährden.
Stoffe, Gegenstände oder Verfahren, die bestimmungsgemäß nicht der Trinkwasserversorgung dienen, sind bis zum Anfang des Jahres 2025 aus Wasserversorgungsanlagen zu entfernen, geht aus dem Entwurf weiter hervor. Zur Nutzung in den Wasserversorgungsanlagen anfallender Energie ermöglicht der Verordnungsentwurf eine von diesem Grundsatz abweichende Ausnahme, sofern nachteilige Veränderungen der Qualität des Trinkwassers nach Einschätzung des Gesundheitsamts nicht zu erwarten sind.
Weiterhin schreibt die Trinkwasserrichtlinie Untersuchungen vor, die einen schnellen Einblick in die betriebliche Leistung gewähren, Probleme mit der Wasserqualität zügig offenbaren und schnell vorab geplante Abhilfemaßnahmen ermöglichen sollen. Diese werden laut Verordnungsentwurf nun als Programm für betriebliche Untersuchungen ausdrücklich in der TrinkwV geregelt.
Durch eine Ausweitung des bislang schon existierenden risikobasierten Ansatzes wird die Sicherheit des Trinkwassers noch weiter gestärkt, betont das BMG in seiner Begründung zum Verordnungsentwurf. Eine neue risikobewertungs- und risikomanagementbasierte und auf Prävention ausgerichtete Strategie sichere durch zusätzliche Prozesskontrollen von der Gewinnungs- bis zur Entnahmestelle eine hohe Qualität des Trinkwassers. Dabei werde der Untersuchungsaufwand durch maßgeschneiderte Anpassungen optimiert.
Verbessertes Überwachungskonzept durch verpflichtende Risikobewertung und Risikomanagement
Eine verpflichtende Risikobewertung und ein Risikomanagement, wie es auch von der WHO empfohlen wird, bilden die Grundlage für das verbesserte Überwachungskonzept, so das BMG. Zudem würden neu auftretende Schadstoffe künftig frühzeitig erkannt und auf eine europäische Beobachtungsliste gesetzt, die von den EU-Mitgliedstaaten bei der in der Trinkwasserrichtlinie neu vorgeschriebenen Risikobewertung beachtet werden muss. Derzeit seien das Nonylphenol und 17-ß-Estradiol.
Benutzerfreundliche Informationen, z. B. über Qualitätsaspekte und Kosten, müssen künftig für die Verbraucher unter anderem online zur Verfügung stehen, nennt das BMG eine weitere Vorgabe der Trinkwasserrichtlinie. Außerdem sollen Verbraucher noch besser über den richtigen Umgang mit Trinkwasser informiert werden - sowohl mit Blick auf ressourcensparenden Umgang als auch die Vermeidung des Konsums von in der Leitung abgestandenem Trinkwasser.
Die Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben wird für eine umfassende Neuordnung der gesamten TrinkwV genutzt mit dem Ziel, den Adressaten der Vorschriften die Orientierung in der Verordnung zu erleichtern und die Vorschriften leichter verständlich zu formulieren, ist in der Begründung zum Verordnungsentwurf weiter zu lesen. Dazu erhalte die Verordnung eine neue Systematik, die sich stärker an den Handlungs- und Prozessabläufen, den Sachzusammenhängen und den unterschiedlichen Adressaten der Vorschriften orientiert. Regelungen, die bislang in Anlagen der TrinkwV enthalten waren, werden in den Regelungsteil übernommen und damit sichtbarer. Durch die neue Systematik, in der aufeinander bezogene Vorschriften öfter auch im Zusammenhang geregelt werden, werden zudem zahlreiche der bisherigen Binnenverweisungen entbehrlich.
Durch die Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht entstehen Kosten. Zu den Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand hält das BMG fest, dass für die Risikobewertung der Trinkwasserinstallationen durch das Umweltbundesamt (UBA) nach § 53 Absatz 4 und 5 TrinkwV jährliche Haushaltsausgaben von 123.000 Euro für die Bearbeitung der Meldungen der ungefähr 350 Untersuchungsstellen in Bezug auf Legionella spec. an das UBA entstehen. Bürgerinnen und Bürger würden mit einem Umstellungsaufwand von 12,8 Millionen Euro belastet. Der jährliche Erfüllungsaufwand sei jedoch vernachlässigbar, da es sich bei dieser Summe fast ausschließlich um den einmaligen Austausch von Bleileitungen handele. Die Absenkung des Parameterwerts für Arsen betreffe etwa 500.000 Bürgerinnen und Bürger, die sich über Eigenwasserversorgungsanlagen versorgen. Den Umstellungsaufwand habe das UBA auf ungefähr 140.000 Euro geschätzt.
Etwa 19 Mio. Euro Umstellungsaufwand für Wasserversorger aufgrund des Bleiverbots
Der Umstellungsaufwand für Wasserversorger liegt laut BMG bei ca. 19 Millionen Euro aufgrund des Bleiverbots, und der Erfüllungsaufwand liege bei 1.815 Euro pro Fall zusätzlicher Meldungen von Legionellen-Überschreitungen für Trinkwasseruntersuchungsstellen. Es entstünden 65 Euro pro Fall an Bürokratiekosten.
Für die Verwaltung ist durch die Umsetzung der Verordnung mit einer Belastung von 26,1 Millionen Euro pro Jahr zu rechnen. Weiterhin sei von einem einmaligen Umstellungsaufwand von insgesamt ca. 57,5 Millionen Euro auszugehen. Davon entfallen ca. 1,75 Millionen Euro auf die Länder und die Kommunen (ohne Wasserversorger).
Den Referentenentwurf finden Sie hier.