Bundesverkehrsministerium und Industrie wollen Schiffbarkeit des Rheins verbessern


Um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie am Rhein zu sichern, sei es wichtig, kritische Engpässe am Rhein wie im Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben zügig zu beseitigen und die Anzahl niedrigwassergeeigneter Schiffe zu erhöhen. Hierzu soll eine gemeinsame Beschleunigungskommission aus Politik, Behörden und Industrie alle zur Verfügung stehenden Ressourcen bündeln.


Der Rhein sei die wichtigste und verkehrsreichste Binnenschifffahrtsstraße Europas und als solche auch ein wichtiger Baustein der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung im Verkehrsbereich, betonte das Ministerium. Gleichzeitig zeige die derzeitige Niedrigwassersituation nach der extremen Niedrigwasserperiode des Jahres 2018, wie bedeutend der Wasserstraßentransport auf dem Rhein für die dortigen Industriestandorte und nicht zuletzt auch für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung sei. Beim Spitzengespräch seien die Auswirkungen niedriger Rhein-Pegelstände auf die Lieferketten und den damit verbundenen Herausforderungen thematisiert worden.


„Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass wir uns langfristig aufgrund des Klimawandels immer wieder auf extreme Niedrigwasserperioden einstellen müssen“, sagte Wissing. „Das stellt uns schon jetzt vor große Herausforderungen, denn die Binnenschifffahrt hat eine enorme Bedeutung bei der Energieversorgung und für die Lieferketten unserer Industrie. Es ist daher wichtig, dass wir Maßnahmen, wie etwa die Engpassbeseitigungen am Mittelrhein im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen insbesondere mit Blick auf Umwelt- und Naturschutz schnellstmöglich umsetzen.“ Klar sei aber auch, dass wasserbauliche Maßnahmen nur ein Teil der Lösung sein könnten. „Es müssen vor allem auch die Schiffe an die neuen Bedingungen angepasst werden“, unterstrich Wissing.


Das Bundesverkehrsministerium hatte 2019 vor dem Hintergrund der Erfahrung mit der extremen Niedrigwasserperiode des Vorjahres zusammen mit großen Industrieunternehmen am Rhein und seinen Nebenflüssen und Vertretern aus Schifffahrt und Logistik einen Aktionsplan aufgestellt. Darin sind kurz-, mittel- und langfristig wirkende Maßnahmen vereinbart worden, mit denen zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein auch bei einer zukünftig zu erwartenden Häufung klimawandelbedingter extremer Niedrigwasserereignisse sichergestellt werden sollen.


Extremes Niedrigwasser als strategischer Wettbewerbsnachteil


„Die deutsche Industrie muss sich jeden Tag im internationalen Wettbewerb bewähren“, machte Uwe Liebelt, President European Verbund Sites der BASF SE, deutlich. „Eine exzellente logistische Anbindung ist für uns ein wesentlicher Erfolgsfaktor.“ Extreme Niedrigwasserereignisse könnten neben signifikanten Mehrkosten und direkten Geschäftsverlusten in Folge von Produktionsausfällen zu einem Vertrauensverlust auf Kundenseite führen, warnte er. Wenn die Liefersicherheit aus den deutschen Produktionsstandorten am Rhein gefährdet sei, werde das schnell zu einem strategischen Wettbewerbsnachteil führen.


„Die Entscheidung 2019, einen gemeinsamen Aktionsplan Niedrigwasser aufzusetzen, war deshalb goldrichtig“, so Liebelt. „Heute haben wir bessere Prognosemodelle, mehr intermodale Flexibilität und mehr niedrigwassergängige Schiffe.“ Die Abladeoptimierung am Mittel- und Niederrhein bleibe als hoch effektive und zugleich effiziente Maßnahme ein ganz wichtiger Teil des Maßnahmenbündels, die es gilt, schnellstmöglich umzusetzen, sagte er.


Die Engpassbeseitigungen würden von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit Nachdruck vorangetrieben, teilte das BMDV weiter mit. Die Maßnahme trage dazu bei, die in Niedrigwasserperioden auftretenden Einschränkungen zu verringern. Es gelte nun, die öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren vorzubereiten.


Anzahl niedrigwasseroptimierter Schiffe soll weiter erhöht werden


Des Weiteren waren sich die Gesprächspartner laut Ministerium einig, dass die Zahl der Schiffe, die heute in der Lage sind, den Rhein auch bei extrem niedrigen Pegelständen zu befahren, nicht ausreiche. Ein Ergebnis der Gespräche sei daher gewesen, dass seitens der Industrie und des Schifffahrtsgewerbes die Möglichkeiten geprüft werden, die Anzahl niedrigwasseroptimierter Schiffe weiter zu erhöhen. Seitens des BMDV soll geprüft werden, wie dies z. B. mit begleitenden Fördermaßnahmen noch zielgerichteter unterstützt werden kann.


Das BMDV kündigte an, dass ab Herbst 2022 auf einer Pilotstrecke am Rhein die Bereitstellung von Tiefeninformationen getestet wird, wodurch die Schiffsführung gerade in Niedrigwassersituationen die vorhandenen Tiefenreserven für die Navigation besser nutzen könne. Darüber hinaus werde derzeit die Option eines Niedrigwasserkorridors in einer Pilotstrecke am Mittelrhein geprüft.