Extremwetter: Risikomanagement muss noch nie dagewesene Ereignisse berücksichtigen


Nur weil man etwas noch nicht erlebt hat, heißt das nicht, dass es nicht passieren kann, teilte das GFZ mit. Diese Erkenntnis gelte auch für Naturgefahren wie Überschwemmungen und Dürren.


Ein angemessenes Risikomanagement könne die Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren verringern, wenn die Ursachen der zunehmenden Schäden bekannt sind. Ein Mangel an empirischen Daten habe dies bisher jedoch erschwert. In ihrer in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Studie hätten die Forschenden einen einzigartigen Datensatz zusammengestellt und ausgewertet.


45 Extremereignis-Paare untersucht


Fast hundert Autorinnen und Autoren seien an der Untersuchung von jeweils zwei aufeinanderfolgenden extremen Hochwasser- oder Dürreereignissen in demselben Gebiet beteiligt gewesen, berichtete das GFZ. Im Fokus standen Regionen mit großen Unterschieden in der Bevölkerungsstruktur, den sozioökonomischen, klimatischen und hydrologischen Bedingungen auf allen Kontinenten. 45 Extremereignis-Paare (Dürren oder Hochwasser), die im Durchschnitt 16 Jahre auseinanderlagen, kamen so zusammen.


Die Analysen bestätigten die naheliegende Annahme, dass ein angemessenes Risikomanagement im Allgemeinen zu einer Verringerung der Schäden beiträgt, teilte das GFZ weiter mit. Das Problem liege woanders: Kam es in einer Region zu Extremereignissen, die es dort in dem Ausmaß noch nie gegeben hatte, war es besonders schwierig, die Auswirkungen abzumildern.


Kreibich erklärt dies mit zwei Faktoren. Erstens haben Infrastrukturen wie Dämme und Stauseen eine obere Bemessungsgrenze, bis zu der sie wirksam sind. Sobald ein Schwellenwert überschritten wird, werden sie auf einen Schlag unwirksam. Zweitens wird das Risikomanagement in der Regel reaktiv nach großen Überschwemmungen und Dürren eingeführt oder angepasst, während vorausschauende Strategien ohne Präzedenzfälle selten sind.


Risikowahrnehmung unterliegt  kognitiver Verzerrung


Der Grund für dieses Verhalten liegt Kreibich zufolge zum Teil in einer kognitiven Verzerrung, die mit der Seltenheit und früheren Einzigartigkeit dieser Extremereignisse zusammenhängt, sowie in der Natur der menschlichen Risikowahrnehmung. Ereignisse, die man selbst bereits erlebt hat, würden in Zukunft auch eher wieder erwartet.


Das Team identifizierte in der Studie aber auch zwei Erfolgsgeschichten, bei denen die Schäden trotz einer höheren Gefährdung beim zweiten Ereignis geringer waren, hieß es weiter. Das seien Überschwemmungen in Barcelona (1995 und 2018) und an der Donau in Österreich und Deutschland (2002 und 2013) gewesen. In Spanien sank die Schadenssumme laut GFZ von 33 Millionen Euro auf 3,5 Millionen, die Donaufluten verursachten 2002 Schäden in Höhe von 4 Milliarden Euro, 2013 waren es 2,3 Milliarden. In beiden Fällen seien die zweiten Ereignisse ursprünglich schlimmer gewesen. Sie dauerten länger, oder es regnete weit mehr.


Drei Erfolgsfaktoren waren den Forschenden zufolge entscheidend: eine wirksame Steuerung des Risiko- und Notfallmanagements, hohe Investitionen in strukturelle und nicht-strukturelle Maßnahmen sowie verbesserte Frühwarn- und Echtzeitkontrollsysteme. „Wir glauben, dass die Berücksichtigung dieser Erfolgsfaktoren dem aktuellen Trend der zunehmenden Schäden durch Extremereignisse unter den Bedingungen des Klimawandels entgegenwirken kann“, sagte Kreibich.