Die Präsidentin des LANUV, Sibylle Pawlowski, erklärte: „Niedrigwasser und steigende Wassertemperaturen haben weitreichende Folgen für die Ökologie der Flüsse, Bäche und Seen. Wenn Niederschläge fehlen, trocknen die Böden aus und es kann sich kein Grundwasser neu bilden." Eine anhaltend heiße und trockene Wetterlage habe neben den hydrologischen Auswirkungen auch direkte Folgen für die menschliche Gesundheit.
Laut dem Bericht fielen bis zum 25. August 2022 in der Vegetationsperiode 2022 seit April insgesamt rund 263 mm Niederschlag. Das Gesamtdefizit der bisherigen fünf Vegetationsmonate beträgt minus 135 mm im Vergleich zu den langjährigen Mittelwerten der Jahre 1881 bis 2017.
Reduzierte Sickerwasserraten
Mitte August wurden an 73 Prozent der Grundwassermessstellen niedrige bis sehr niedrige Stände beobachtet, im Vormonat waren es 49 Prozent. 21 (10) Prozent der Messstellen zeigten ein absolutes Minimum. Der Anteil der niedrigen bis sehr niedrigen Messstände sei damit im August 2022 im Vergleich zum Vorjahr deutlich höher.
Die langanhaltende Trockenheit führe zu reduzierten Sickerwasserraten und verringert damit unter anderem die Grundwasserneubildung.
Teilweise extreme Niedrigwassersituation
Die Fließgewässer zeigen dem Bericht zufolge in fast ganz Nordrhein-Westfalen eine deutlich ausgeprägte, teilweise extreme Niedrigwassersituation. Die Situation habe sich im August weiter verschärft und sei mit der Situation im August 2018 vergleichbar. An knapp 20 Prozent der Pegel des LANUV wurden im aktuellen Jahr 2022 bereits niedrigere Wasserstände gemessen als in der gesamten Trockenperiode 2018 bis 2020.
Die derzeitige Niedrigwassersituation betreffe die Rheinschifffahrt. Die Schiffbarkeit der westdeutschen Kanäle in Nordrhein-Westfalen sei derzeit nicht betroffen. Die Bundeswasserstraße Rhein sei elementar für die Versorgungssicherheit in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen wurden den Angaben zufolge im Jahr 2021 insgesamt rund 112,1 Mio. Tonnen via Binnenschiff transportiert.
Die niedrigsten Pegelstände am Rhein wurden Mitte August mit 32 cm am Pegel Düsseldorf (2018: 23) und 152 cm am Pegel Duisburg-Ruhrort (2018: 153) erreicht. Trotzdem ordnete das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Rhein bisher keine Einschränkungen der Schifffahrt an, heißt es weiter.
Talsperren-Füllstände sinken kontinuierlich, Boden in weiten Teilen zu trocken
Der Füllstand der nordrhein-westfälischen Talsperren profitiert noch geringfügig von den Niederschlägen im Winter und Frühjahr, geht aus dem Bericht weiter hervor. Seit Juni sinken die Füllstände kontinuierlich. Derzeit geben die meisten Talsperren auch aufgrund von Zuschusspflichten deutlich mehr Wasser ab, als zufließt – das sei grundsätzlich jahreszeitlich typisch.
Der Boden sei aufgrund der niedrigen Niederschläge landesweit auch bis in größere Tiefe zu trocken, in weiten Teilen deutlich zu trocken. Die Bodenfeuchte habe im August vor allem in den tieferen Bodenschichten weiter abgenommen und nähere sich dem Zustand wie im Jahr 2018 an. In weiten Landesteilen sei in der oberen Bodenschicht aktuell kein pflanzenverfügbares Wasser mehr vorhanden.
Erhöhte Gewässertemperaturen vor allem bei kleineren Gewässern
Trocken- und Hitzeperioden bedeuten Stress für das Leben im und am Gewässer. Die direkten Folgen seien in Fließgewässern und Seen Niedrigwasser bis hin zum Trockenfallen, erhöhte Wassertemperaturen und sinkende Sauerstoffkonzentrationen. Betroffen seien davon vor allem kleinere Gewässer.
Die Temperaturen der großen Flüsse Rhein, Weser, Lippe und Ems liegen den Angaben zufolge derzeit noch mehrere Grad unter dem Orientierungswert, der für diese Gewässer bei 28 Grad Celsius liegt. Am Rhein wurde die höchste Temperatur am 4. August in Bad Honnef mit 26,7 Grad Celsius gemessen, er lag Ende August bei 24,5 Grad Celsius. In den letzten Wochen wurden dagegen an kleineren Flüssen Überschreitungen der Orientierungswerte für die Wassertemperatur beobachtet. Das war an der Erft, Wupper, Ruhr, Inde und Rur der Fall.
Versorgung mit Trinkwasser grundsätzlich sichergestellt
Nordrhein-Westfalen wird mit Trinkwasser aus Grundwasser, Uferfiltrat und Talsperren versorgt. Der Minister stellte unter anderem mit Blick auf die Füllstände der Talsperren fest, dass auch nach den Erfahrungen der Trockenjahre 2018 bis 2020 die Versorgung mit Trinkwasser für das Land grundsätzlich sichergestellt sei.
Trotzdem sieht er in Zukunft das Thema „Wasser" von größerer Bedeutung: „Wir wollen es schützen und in Zukunft verfügbar halten. Dabei hat die Sicherung der Trinkwasserqualität für uns oberste Priorität. Wir werden ihr Vorrang vor anderen Nutzungen geben", sagte Krischer.