Verbände-Initiative fordert umfassende Novellierung des Düngerechts


In den Bundesländern seien bisher die nitrat- und phosphatbelasteten Flächen um bis zu 50 Prozent künstlich verkleinert und erforderliche Schutzmaßnahmen ausgesetzt worden, heißt es in der Mitteilung der Verbände. Darüber hinaus sei eine Kontrolle der Düngung wegen fehlender Vorgaben in der Stoffstrombilanzverordnung nicht möglich. Als Folge würden noch immer bei rund 24 Prozent der Grundwasserkörper die Vorgaben nicht eingehalten.


Verpflichtende Stoffstrombilanzierung für alle Betriebe gefordert


Die Organisationen der Nitratinitiative setzen sich des Weiteren insbesondere für eine verpflichtende Stoffstrombilanzierung für alle landwirtschaftlichen Betriebe sowie für eine Veröffentlichung der Gülleimporte und Vorlage eines nationalen Maßnahmenkataloges zur Eindämmung des Gülletourismus ein. Zudem erwarten sie eine Aufnahme und Veröffentlichung der festgelegten Maßnahmen zur Verringerung der Nitrat- und Phosphatbelastungen in den dritten Bewirtschaftungsplänen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sowie eine Festlegung von geeigneten gewässer- und umweltverträglichen Bewirtschaftungsmaßnahmen für nitratbelastete und eutrophierte Gebiete.


„Endlich europarechtliche Anforderungen erfüllen“


Die Nitratrichtlinie müsse endlich so umgesetzt werden, dass die europarechtlichen Anforderungen erfüllt werden und die Landwirtschaft Planungssicherheit hat. „Dabei sollten natürlich auch gezielte Förderprogramme sowie kooperative Ansätze weiterhin eine wichtige Rolle spielen“, schreiben die Organisationen.


Die „Nitratinitiative“ setzt sich nach eigenen Angaben als Zusammenschluss von Verbänden und Organisationen für eine umwelt- und gewässerschonende Landwirtschaftspolitik ein, wobei dabei die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie ins nationale Düngerecht von besonderer Relevanz sei. Mitglieder sind die Aktion Agar - Landwende jetzt, der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), die Umweltverbände BUND, Deutsche Umwelthilfe, Deutscher Naturschutzring (DNR), Germanwatch, Greenpeace, Grüne Liga, Global Nature Fund, NABU, WWF und die Gewerkschaft Verdi.         

       

VKU begrüßt Forderung der Kommission, alle belasteten Messtellen zu berücksichtigen


Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert effizientere Düngeregeln. Die derzeit gültigen Bestimmungen im Düngerecht legten zwar vermeintlich strenge Maßnahmen zur Nitratreduktion in Gewässer fest, schreibt der Verband in einer Mitteilung von Ende Februar. Allerdings kämen diese Maßnahmen nur auf sehr kleinen Flächen zur Anwendung und eben nicht in  allen nitratbelasteten Gebieten, was die kommunalen Wasserversorger schon mehrfach kritisch angemahnt hätten.


Insofern sei es zu begrüßen, dass die EU-Kommission Deutschland aufgefordert hat, bei der neuen Ausweisung der Gebiete alle nitratbelasteten Messstellen zu berücksichtigen – insbesondere jene, die sich in den Einzugsgebieten der Trinkwassergewinnung befinden, so der Verband. Wichtig für den vorsorgenden Schutz der Trinkwasserressourcen wäre es nach Auffassung des VKU zudem, auch das Nitratabbauvermögen zu berücksichtigen - also die Frage, wie lange unsere Böden das Nitrat noch abbauen können, sodass der Nitrat-Eintrag vorausschauend reduziert werden kann.


„Bund und Länder müssen methodische Schwächen dringend nachbessern“


Alle Messstellen zu erfassen und das Nitratabbauvermögen zu berücksichtigen, entspricht den Vorgaben der EU-Nitratrichtlinien, die nach über 20 Jahren endlich ins nationale Recht umgesetzt werden sollte, so der VKU. Die diesbezüglichen methodischen Schwächen in den Regelungen müssten Bund und Ländern dringend nachbessern. Um die Wasserressourcen effektiv zu schützen, brauchen wir rasch bessere und zielgerichtete Maßnahmen in den nitratbelasteten Gebieten: Je weniger Nitrat, desto besser die Qualität unserer Gewässer und kosteneffizienter unserer Trinkwasserversorgung“, sagte VKU-Vize-Präsident Karsten Specht.


In ihrem Koalitionsvertrag hatten die an der neuen Bundesregierung beteiligten Parteien angekündigt, die Bundesregierung werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um europarechtliche Verpflichtungen zur Minderung von Stickstoffeinträgen in Wasser und Luft sicher zu erreichen, und damit Strafzahlungen an die EU abwenden (EUWID 48/2021). Im Januar hatte die Bundesregierung dem Bundestag den „Bericht über die Auswirkungen der verbindlichen Stoffstrombilanzierung“ vorgelegt (EUWID 4.2022). Die Expertengruppe zur Stoffstrombilanzverordnung schlägt darin für Stickstoff eine zeitliche Staffelung mit Anforderungen für den zulässigen Bilanzwert vor, die im zeitlichen Verlauf bis 2030 zunehmen.


SPD-Fraktion: Ampel-Regierung wird schnell handeln


Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßte die Aktivität der Bundesregierung im Hinblick auf einen geänderten Entwurf der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA). „Wir haben die Pflicht, unser Grundwasser vor zu hohem Nitrat-Eintrag zu schützen. Dazu brauchen auch unsere Landwirtinnen und Landwirte Planungssicherheit“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch. Die Umsetzung dieser von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in den letzten zehn Jahren immer wieder im Bund und in den Ländern geforderten Maßstäben sei aber mit der Union, dem damaligen Koalitionspartner, nicht umsetzbar gewesen.


Die Ampel-Regierung werde demgegenüber nun schnell handeln, um das Vertragsverletzungsverfahren mit der EU zu beenden um eine sehr empfindlichen Strafzahlung zu verhindern. Wichtig sei, dass das kommende neue Konzept von Bund und Ländern im vorgegebenen zeitlichen Rahmen gemeinsam umgesetzt wird.