Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Nutzungsuntersagung einer Biogasanlage durch die zuständige Behörde, heißt es in dem Beschluss zum Sachverhalt. Er ist Eigentümer zweier Grundstücke, die wie eine Insel von zwei Flussläufen eines Gewässers erster Ordnung eingefasst sind. Darauf befindet sich eine landwirtschaftliche Hofstelle mit einer Biogasanlage. Die Flussläufe und das weitere Umland liegen im FFH-Gebiet; die Grundstücke des Antragstellers sind darüber hinaus Teil eines festgesetzten Überschwemmungsgebiets. Zudem sei die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets der Zone III a geplant.
Bereits im März 2009 war es zu einem Auslaufen von Gülle aus der Biogasanlage auf einer Fläche von 10 bis 13 m² sowie zu einem Eintrag von Gülle in unbekannter Menge in den Fluss gekommen. Die anlässlich dieses Vorfalles durch das Wasserwirtschaftsamt genommenen chemischen Proben zeigten die für Gülle typischen sehr hohen Konzentrationen an abbaubaren, sauerstoffzehrenden Stoffen, Ammonium-Stickstoff und Chlorid. Die Belastung der Probe liege bei den sauerstoffzehrenden Stoffen ungefähr 100-mal so hoch wie im Zulauf einer kommunalen Kläranlage. Beim Parameter Ammonium-Stickstoff betrage der Faktor 20.
Versickerung kann Grundwasser gefährden
Die Versickerung sei im vorliegenden Fall geeignet gewesen, das Grundwasser zu schädigen. Darüber hinaus sei sie ebenfalls geeignet gewesen das nachfolgende Gewässer zu schädigen. Allerdings Jedoch könne das Maß der Verunreinigung nicht beurteilt werden, da zum Zeitpunkt der Probenahme durch die Polizei kein Ablauf mehr erfolgte. Dass keine offensichtlichen Schäden aufgetreten seien, sei wohl auf günstige Begleitumstände wie hohe Abflussmengen sowie niedrige Temperaturen zurückzuführen.
Nachdem am 13. Dezember 2016 etwa 20 m³ Gärsubstrat aus der Biogasanlage des Antragstellers ausgetreten und zumindest teils in die eingeflossen waren, ordnete das Landratsamt unter Zwangsgeldandrohung die sofort vollziehbare Betriebseinstellung der Biogasanlage bis zur nachgewiesenen Errichtung einer Schutzwand an.
Bei einem Ortstermin am 14. Oktober 2019 mit dem Antragsgegner, dem Antragsteller und dem Wasserwirtschaftsamt wurden Mängel an den auferlegten Sicherheitsvorkehrungen festgestellt: Unter anderem waren demzufolge die vorhandenen Tore nicht flüssigkeitsdicht und andere fehlten, so dass im Havariefall das austretende Gärsubstrat nach Süden ablaufen könne.
Bauantrag nicht genehmigungsfähig
Im September 2020 informierte die Behörde den Antragsteller, dass die erneute Überprüfung der eingereichten Unterlagen ergeben habe, dass der Bauantrag in der vorgelegten Planung nicht genehmigungsfähig sei. Die Beteiligung des Wasserwirtschaftsamtes, des Sachgebiets Wasserrecht und der Fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft habe durchweg Bedenken gegen die vorgelegten Pläne und die nicht genehmigte Bauausführung ergeben. Diese sei nicht als Schutz gegen innere und äußere Ereignisse geeignet.
Im November 2020 lehnte die Behörde den Bauantrag auf bauliche Änderung an der Anlage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bauvorhaben zwar den Tatbestand einer Privilegierung nach dem Baugesetzbuch (BauGB) erfülle, diesem aber Belange der Wasserwirtschaft und des Hochwasserschutzes entgegenstünden.
Deutliche Verunreinigung mit Sickersaft festgestellt
Am 23. April 2021 erfolgte eine Nachprüfung der Biogasanlage durch den AwSV-Sachverständigen der unter anderem feststellte, dass die Dichtheitsprüfung der unterirdischen Substrat- und Silagesickersaftleitungen fehlte und die AwSV-Fachbetriebsnachweise fehlten. Die Umwallung sei teilweise undicht. Die Statiknachweise der Tore und Türen der Umwallung fehlten. Die Prüfung sei nicht beendet, weitere Prüfungen seien erforderlich.
Im Juni 2021 stellte das Wasserwirtschaftsamt zusammen mit der Polizeiinspektion in einem Entwässerungsgraben eine deutliche Verunreinigung mit Sickersaft fest. Kurz darauf fand eine weitere Ortseinsicht des Landratsamtes mit dem Wasserwirtschaftsamt statt, bei dem festgestellt wurde, dass der Sickersaftbehälter deutlich über zwei Drittel gefüllt war. Der Schachtdeckel weise einen maroden Zustand auf. Aus dem Fahrsilo sei Sickersaft ausgetreten. In einem Becken, in das Wasser einer Drainage gelaufen sei, sei eine deutliche Verunreinigung zu sehen und Geruchsbildung wahrzunehmen gewesen. Die Fugen des Fahrsilos seien teilweise sanierungsbedürftig gewesen. Bei einem weiteren Ortstermin am 5. August 2021 wurden weiterhin Mängel hinsichtlich des sachgerechten Umgangs mit den Sickersäften festgehalten.
Das Vorhabengrundstück befinde sich im Überschwemmungsgebiet, in einem geplanten Wasserschutzgebiet der Zone III a, in einem Vogelschutz- und FFH-Gebiet und neben einem Landschaftsschutzgebiet, brachte die Behörde vor. Durch die zwei Flussläufe liege eine Insellage vor. Die im Februar 2019 eingereichten Pläne seien auch nach fünfmaliger Nachbesserung hinsichtlich der wasserwirtschaftlichen Belange nicht vollständig und inhaltlich fehlerhaft.
Landratsamt untersagt den Betrieb
Im August 2021 untersagte das Landratsamt dem Antragsteller den Betrieb der Biogasanlage bis zur plangemäßen Errichtung einer bauaufsichtlich genehmigten Schutzmauer bzw. eines Schutzwalles und deren anschließender mangelfreier Prüfung durch einen Sachverständigen nach AwSV. In Ziffer II. wurden die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung angeordnet und ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro angedroht.
Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach und stellte einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Zur Begründung führt er aus, dass der derzeitige bauliche Zustand nicht dem Bescheid vom 20. August 2015 entspreche, jedoch sei auf jeden Fall ein gleichwertiger Schutz durch die bisherigen Havariemaßnahmen gegeben. Die geforderten Havariemaßnahmen seien zudem größtenteils bereits umgesetzt, auch seien in der Zwischenzeit erhebliche Nacharbeiten vorgenommen worden.
VG Ansbach: Eigentümer hat öffentlich-rechtliche Vorschrift nicht eingehalten
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat den Antrag im Wesentlichen abgelehnt und lediglich die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung angeordnet. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung der Biogasanlage des Eigentümers überwiege das gegenläufige Interesse des Antragstellers.
Den Anordnungen der Behörde vom August 2015, dass die beantragte Schutzwand und der Schutzwall spätestens ein Jahr nach Zustellung des Bescheides fertig zu stellen seien, sei der Eigentümer bis heute nicht vollständig nachgekommen. Damit habe er eine öffentlich-rechtliche Vorschrift nicht eingehalten.
Nutzungsuntersagung zum Schutz des Gewässers geeignet und erforderlich
Die Behörde hat dem Gericht zufolge zunächst im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zutreffend angenommen, dass eine Nutzungsuntersagung zum Schutz des angrenzenden Gewässers erster Ordnung geeignet und erforderlich sei. Die Nutzungsuntersagung der Biogasanlage sei zum Gewässerschutz offensichtlich geeignet, da, solange sie nicht betrieben wird, die Gefahr eines Austritts wassergefährdender Stoffe und der Eintrag dieser in den Fluss minimiert werde.
Dass wegen der noch im Fermenter, im Nachgärer und im Endlager befindlichen Stoffe und Flüssigkeiten auch nach einer Außerbetriebnahme nicht jedes Risiko ausgeschlossen sei, lasse nicht die Eignung der Nutzungsuntersagung als Maßnahme entfallen, da diese schon dann gegeben sei, wenn der angestrebte Zweck zumindest gefördert werde. Es sei auch kein milderes und gleichermaßen effektives Mittel ersichtlich.
Zwar hätte der Antragsgegner auf eine Nutzungsuntersagung verzichten und versuchen können, den Bauzwang aus dem Bescheid vom 20. August 2015 mit Hilfe des angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 15.000 Euro durchzusetzen. Jedoch wäre darin kein gleich effektives Mittel im Vergleich zu einer für sofort vollziehbar erklärten Nutzungsuntersagung zu sehen, da im Verweigerungsfalle nur das Zwangsgeld vollstreckt werden, aber nicht unmittelbar der Gewässerschutz sichergestellt werden könnte, heißt es in dem Beschluss.
Auch in zeitlicher Hinsicht sei der hier gewählte Weg einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung effektiver, da diese sofort greift und nur dann automatisch wegfiele, sollte die Schutzmauer errichtet werden.
Öffentliches Interesse am Belang des Gewässerschutzes
Das öffentliche Interesse sei für den hier primär interessierenden Belang des Gewässerschutzes in § 36 Abs. 1 WHG verankert. Schließlich hat der Antragsgegner die Tatsache, dass die Anlage in der Vergangenheit nicht beanstandungsfrei betrieben worden sei und in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet liege, in seine Ermessenerwägungen aufgenommen, was wegen der damit verbundenen erhöhten Gefährdungsprognose angemessen sei.
Die vorliegend gegebene Gefahr des Eintrags wassergefährdender Substanzen in den Fluss als einem Gewässer erster Ordnung sei im Grundsatz eine schwerwiegende und nachhaltige Gefahr für die natürlichen Lebensgrundlagen. Ein Eintritt erheblich wassergefährdender Substanzen aus einer Biogasanlage in ein Gewässer erster Ordnung bedeutete eine folgenschwere Gefährdung des Gewässerhaushalts als natürlicher Lebensgrundlage. Insofern reiche eine durch Indizien belegte, erhöhte Gefahr des Schadenseintritts ausreiche.
Den Streitwert hat das Gericht auf 10.000 Euro festgesetzt.