Die Pläne der Bundesregierung für den Ökostrom-Ausbau bremsen Wasserkraftanlagen im Freistaat aus, heißt es in dem Kabinettsbeschluss. Besonders betroffen seien kleine Wasserkraftanlagen. Das bestätige eine aktuelle Analyse des Energieministeriums. Kleine Wasserkraftanlagen leisteten demnach einen erheblichen Beitrag zur bayerischen Stromproduktion. Die rund 4.000 Anlagen mit einer Leistung von jeweils unter 1.000 kW produzieren Jahr für Jahr rund eine TWh, mit dem rechnerisch rund 350.000 Haushalte versorgt werden könnten. Für einen wirkungsgleichen Ersatz (ganzjährige Versorgung) wäre beispielsweise der Neubau von 170 Windrädern mit Stromspeichern erforderlich.
Dennoch gestehe die Bundesregierung generell der Wasserkraft nicht den Status des „überragenden öffentlichen Interesses“ zu, obwohl dieser allen anderen Erneuerbaren Energien zugebilligt wird, kritisiert das bayerische Kabinett. Dass die EEG-Förderung für Kleinanlagen mit einer Leistung bis 500 kW gestrichen werden soll, stößt seitens der Staatsregierung auf Ablehnung. Damit würde einerseits der Neubau von Wasserkraftanlagen unter 500 kW nicht mehr über das EEG gefördert, und andererseits wären auch die bestehenden 3.900 Anlagen im Fall der Erhöhung ihres Leistungsvermögens von der EEG-Vergütung ausgeschlossen. Darüber hinaus würden Anlagenbetreiber unabhängig von der Anlagengröße mit unnötigen bürokratischen Pflichten überzogen. Bei Pflichtverletzungen drohe ein Entzug der EEG-Förderung.
„Bayerisches Förderprogramm für Wasserkraftanlagen würde ins Leere laufen“
Die Staatsregierung weist darauf hin, dass mit dem ergänzend zum EEG aufgelegten bayerischen Förderprogramm für Wasserkraftanlagen, das im Oktober 2021 angelaufen ist, auch in Zukunft Ausbau- und technisch-ökologische Modernisierungsmaßnahmen von Wasserkraftanlagen unterstützt werden sollen. Ohne eine Förderung durch das EEG laufe dieses Programm aber insbesondere für Anlagen unter 500 kW de facto ins Leere.
Verbände für „technologieneutrale Berücksichtigung aller erneuerbaren Energien“
Hermann Steinmaßl, stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB), kommentierte auch im Namen des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke (LVBW), Bayern habe sich richtig und klar positioniert. Nun müssten in Berlin die richtigen Weichen gestellt werden. „Wenn die Bundesregierung die Energiewende konsequent vorantreiben will und betont, wie wichtig jede Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien ist, dann sollte sie auch entsprechend handeln. Dazu gehört auch eine technologieneutrale Berücksichtigung aller erneuerbaren Energien“, sagte Steinmaßl.
„Wasserkraftanlagen helfen im Notfall und sichern Existenz“
Über 50 Prozent der kleinen Wasserkraftanlagen in der Bundesrepublik befinden sich den Verbänden zufolge in Bayern. Viele dieser Anlagen haben eine jahrhundertelange Tradition. Sie erzeugten stabil, planbar und klimafreundlich Strom, der grundlastfähig, netzstabilisierend und störungsresistent ist. „Mit der Wasserkraft verringern wir auch die Energieabhängigkeit von Russland und tragen zu einer stabilen und zuverlässigen Energieerzeugung bei, die auch im Notfall zur Verfügung steht“, so Steinmaßl.
Zugleich sicherten die kleinen Wasserkraftanlagen die Existenz von Getreidemühlen, Sägewerken und anderen mittelständischen Handwerksbetrieben. Mit dem Gesetzentwurf zur Novellierung des EEG sei zu befürchten, dass viele Betreiber von kleinen Wasserkraftanlagen mittelfristig den Betrieb einstellen würden, sagte Hans-Peter Lang, Vorsitzender des LVBW. „Es ist dringend notwendig, dass der Wasserkraft das übergeordnete öffentliche Interesse anerkannt wird, so wie es bei allen anderen Erneuerbaren Technologien der Fall ist. Es gibt keinen fundierten und nachvollziehbaren Grund, die kleine Wasserkraft davon auszunehmen und sie durch eine drastische Verschlechterung der Förderkonditionen im EEG 2023 zu torpedieren.“