In diesem Jahr habe es bereits außergewöhnlich trockene Monate gegeben, so Merkel. Die Grundwasservorräte hätten sich allerdings leicht erholt, wenngleich nicht in allen Regionen Deutschlands. Demgegenüber lägen die Füllstände in den Trinkwassertalsperren auf einem hohen Niveau. Damit sei die derzeitige Ausgangslage für den Sommer deutlich entspannter als etwa im Trockenjahr 2018.
Dennoch wirke der Klimawandel wie ein Vergrößerungsglas auf die Probleme der Wasserwirtschaft, sagte Merkel. So würden Stoffbelastungen und Mengenkonkurrenzen besonders deutlich. Das Trinkwasser gerate in Menge und Qualität immer stärker unter Druck. Allerdings müsse man zwischen Wetter und Klima unterscheiden, betonte Merkel. Der Klimawandel schreite zwar immer weiter fort. Im langjährigen Mittel würden die Niederschlagsmengen in Deutschland jedoch gleichbleiben.
Merkel: Notwendige Weichenstellungen jetzt einleiten
Um die Trinkwasserversorgung auch künftig zu gewährleisten, müssten heute die notwendigen Weichenstellungen eingeleitet werden, so Merkel. Zur Mengensicherung seien die konsequente Durchsetzung des Vorrangs der öffentlichen Wasserversorgung, die Flexibilisierung von Entnahmerechten durch einen Klimawandelzuschlag, die Modernisierung von Wasserrechtsverfahren sowie nachhaltige Bewirtschaftungskonzepte erforderlich.
Hinsichtlich der Qualität der Wasserressourcen komme es auf die Anwendung des Vorsorge- und Verursacherprinzips, Verbesserungen des Gewässerschutzes zum Beispiel durch eine konsequente Nitratpolitik sowie weitere Fortschritte bei der Spurenstoffstrategie an, führte Merkel weiter aus. Zudem müssten Infrastrukturinvestitionen wieder ernst genommen werden, indem Ausbaulücken analysiert werden. Darüber hinaus kann laut Merkel eine höhere Resilienz der Wasserversorgungssysteme zur Qualitätssicherung der Wasserressourcen beitragen.
Zum Thema Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser äußerte sich Merkel zurückhaltend. In Deutschland sollten zunächst die zur Verfügung stehenden Ressourcen genutzt werden, unterstrich er. Aus seiner Sicht berge die Installation zusätzlicher Systeme für aufbereitetes Grauwasser in Privathaushalten große hygienische Risiken. Zudem würde die Schaffung einer solchen Infrastruktur hohe Kosten verursachen.
Die Abwasserwiederverwendung sei allenfalls im industriellen Bereich und in der Bewässerung von Grünflächen denkbar, sagte Merkel. Berthold Niehues, Leiter der DVGW-Einheit Wasserversorgung, erklärte während des Pressegesprächs, der Einsatz von aufbereitetem Abwasser in der Landwirtschaft führe hinsichtlich der Vermarktbarkeit landwirtschaftlicher Produkte zu Akzeptanzproblemen.
DVGW setzt öffentliche Debatte über Auswirkungen des Klimawandels auf das Wasserdargebot fort
Aus Sicht des DVGW kann die Sicherung der Trinkwasserversorgung künftig nur im Schulterschluss mit den politisch Verantwortlichen gelingen. Dazu zählt auch, den Wert des Wassers in der Öffentlichkeit zu steigern. Die dafür notwendige öffentliche Debatte setzt der DVGW beim Online-Forum „Auswirkungen des Klimawandels auf das Wasserdargebots Deutschlands – Überblick zu aktuellen Entwicklungen“ am 15. Juni 2022 fort.
Generell müsse die Aufklärungsarbeit über die Aufgaben der Wasserversorgung und über den Wert des Wassers intensiviert werden, sagte Merkel. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten umfangreiche Informationen erhalten, um fundierte Entscheidungen bezüglich ihres Wasserkonsums treffen zu können. Allgemeine Einschränkungen von Wassernutzungen während einer Trockenphase im Hochsommer, etwa durch ein Verbot von privaten Autowäschen, Gartenbewässerungen oder Poolbefüllungen, lehnt Merkel ab.